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Österreich in Rot: Eine absolut unvollständige Bestandsaufnahme am 28. Februar 2020

Österreich in Rot: Eine absolut unvollständige Bestandsaufnahme am 28. Februar 2020

Das gute Abschneiden von zwei österreichischen Cuveé im Bordeaux-Style bei unserer „China gegen den Rest der Welt“-Probe aus dem Januar gab den Anstoß, sich das Thema Österreich mal wieder etwas näher anzuschauen.

Bei Rotwein aus Österreich denkt man sicher zunächst an die „Brot und Butter-Sorte“ Zweigelt und an den Blaufränkisch. Beide führen auch die Flächenstatistik mit Abstand an. Wären wir streng wissenschaftlich vorgegangen, hätten wir dann noch die auf Platz 3 und 4 befindlichen Sorten Blauer Portugieser und Blauburger in die Probe aufgenommen, aber wie immer bei solchen Veranstaltungen sind die Möglichkeiten begrenzt. Ein bisschen ärgere ich mich nur über den fehlenden Platz 5 der meistausgepflanzten Rebsorten, nämlich den St. Laurent, der mir persönlich oft sehr gut gefällt.

Am Ende hatten wir dennoch ein spannendes Feld mit zwei Piraten aus Deutschland und Frankreich. Und wir hatten meist sehr überzeugende Qualitäten im Glas.

 

Die Probe:

Verkostet wurde blind in der eher zufälligen Reihenfolge auf dem Foto (von links nach rechts).

Österreich in Rot: Eine absolut unvollständige Bestandsaufnahme am 28. Februar 2020 1

1. Anita und Hans Nittnaus, Burgenland – Blaufränkisch Leithaberg DAC 2013 (ca. 20 EUR, biodynamisch):

In der Nase sehr würzig und tief. Im Mund dann viel feiner und verhaltener als die Nase vermuten lässt. Dennoch schöne Frucht nach Pflaume und Kirsche und eine recht straffe aber gut eingebundene Säure. Sehr kühler Vertreter. Nicht sehr langer Abgang. Ein guter Wein, der aber in der Runde preislich eher eine Kategorie weiter unten eingestuft wurde.

 

2. St. Antony, Rheinhessen – Niersteiner Blaufränkisch 2017 (ca. 12,90 EUR, Bio-Zertifiziert)

Und schon der erste Pirat! Leicht reduktiv würzige Nase. Im Mund Kirschen, Beeren, recht viel Tannin und eher wenig Würze. Wie beim Vorgänger wieder kühl und mit frischer Säure. Einige Teilnehmer hatten den Eindruck von feinen Kohlensäureperlen am Gaumen. Im Abgang eher kurz. Bei mir hat der Wein einen etwas unharmonischen Eindruck hinterlassen, im aktuellen Zustand hat er nicht überzeugt.

 

3. K+K Kirnbauer, Burgenland – Das Phantom 2014 (ca. 22,00 EUR)

Das Phantom von Kirnbauer ist eine Cuveé aus Blaufränkisch, Merlot, Cabernet und Syrah. Für mich zählt der Wein zu den von mir so genannten „Dicke-Hose-Cuveés“, die mit ihrem Bordeaux-Stil international mitmischen wollen und auch können. Und so war es auch hier das erste Aha-Erlebnis des Abends – insbesondere für die Bordeaux-Freunde am Tisch:

Tief würzige, feste Nase mit dunklen Beeren und etwas geröstetem Holz.

Im Mund noch recht tanninbetont und jung (trotz 3h in der Karaffe). Feine, klare und ganz leicht süßliche rote Cassisfrucht, enorm tiefe und schöne Würze, etwas Tabak und Pfeffer. Dazu eine gute Säure, die für Trinkfluss sorgt. Lang im Abgang.

Auch für mich eine sehr positive Überraschung, da definitiv nicht zu fett (wie andere Vertreter dieser Kategorie) und mit 13,5% Alkohol auch hier moderat.

 

4.  Paul Lehrner, Burgenland – Paulus Grand Cuveé 2011 (ca. 17,00 EUR)

Wieder eine Cuveé – diesmal aus Cabernet Sauvigon, Merlot und Blaufränkisch. Aber diesmal ein anderes Kaliber:

Warme, sehr süße und schokoladig würzige Nase. Im Mund ebenfalls eine sehr süße, fast marmeladige dunkle Frucht, weiches Tannin, mächtige Fülle, etwas Graphit und eine deutlich alkoholische Note. Recht lang im leicht süßlichen Abgang.

Für mich ein zu dicker Brocken, etwas mehr Eleganz hätte mir gut gefallen.

 

5. Weninger, Burgenland – Blaufränkisch Dürrau 2015 (ca. 50,00 EUR, biodynamisch)

Das Weingut Weninger hat Weingärten auf beiden Seiten des österreich/ungarischen Grenzgebiets. Man versteht sich als Blaufränkisch Weingut und hat quasi keine anderen Rebsorten im Anbau. Ein Spezialist also:

Jodige, tief würzige, kühle, komplexe Nase mit ganz leicht oxidativen Noten. Im Mund extrem viel schöne Würze, nur wenig Frucht, leicht salzig und mit schöner Mineralität. Viel weiches Tannin, dadurch schon kraftvoll und sehr dicht aber gleichzeitig immer in bester Balance mit Eleganz. Feine Röstnoten vom Holz. Extrem langer und schöner Abgang. Ich verrate es direkt: Mein persönlicher Wein des Abends. Faszinierend, wie gut bei 14% der Ritt zwischen Kraft und Eleganz funktioniert. Den Alkohol jedenfalls schmeckt man gar nicht!

 

6. Guy Castagnier, Burgund – Clos de Vougeot Grand Cru 1995

Der zweite Pirat, der auf jeden Fall aus der Reihe der Weine deutlich hervorgestochen hätte. Heute war dies auch so, aber im negativen Sinne. Der Wein war durch. Schade!

 

7.  Schwarz, Burgenland – Schwarz Rot Zweigelt 2015 (ca. 50,00 EUR)

Da ist der Zweigelt in unserer Runde. Meist ja, wie oben geschrieben, eher der „Brot und Butter Wein“ Österreichs. In dieser Preisregion kann das aber definitiv nicht sein. Schwarz baut seine Weine in Zusammenarbeit mit Süßweinspezialist Kracher aus. Und er möchte anecken und besondere Weine machen, die vielleicht nicht in die üblichen Schubladen passen. Gelungen ist ihm das aus meiner Sicht:

Recht holzbetonte Nase, mit feiner Kirschfrucht, Blut, und floralen Noten. Auch im Mund recht holz- und tanninbetont. Dazu eine etwas undefinierbare, süßliche Frucht und dagegen eine frische Säure. Recht langer Abgang.

Für mich wirkt der Wein noch etwas unruhig und unfertig und macht in diesem Zustand nicht so wirklich viel Spaß. Gern würde ich ihn mal gereift probieren, ich könnte mir vorstellen, dass sich dann der massive „Tanninblock“ etwas auflöst und der Wein etwas mehr strahlen kann.

 

Österreich in Rot: Eine absolut unvollständige Bestandsaufnahme am 28. Februar 2020

Der Eisenberg – Blick in die ungarische Tiefebene.

8. Wachter-Wiesler, Burgenland – Blaufränkisch Alte Reben Eisenberg DAC Reserve 2015 (ca. 40,00 EUR, ab 2018 Bio zertifiziert)

Eher zurückhaltende, feinwürzige Nase mit ganz feinen Röstnoten.

Im Mund eine ganz leicht süßliche, minimal oxidative aber dennoch recht brillante Beerenfurcht. Salzige Mineralität. Pfeffer, Blut, Kaffee und Bitterschokolade. Schöne, frische Säure und ganz feines Tannin. Viel Grip am Gaumen und ein langer, klarer Abgang.

Der Wein war sicher einer der meistdiskutierten des Abends. Weil er komplex war, aber auch fordernd und polarisierend. Mir persönlich hat er sehr gut gefallen, weil er an diesem Abend am Besten gezeigt hat, wie man Komplexität und Trinkfluss kombinieren kann.

 

9. Kurt Angerer, Kamptal – Red Granite 2011 (ca. 170,00 EUR)

Reinsortiger Syrah – aus dem Kamptal. Hatte ich nicht auf der Uhr, dass es so etwas gibt. Grünen Veltliner erwarte ich dort – und würde ich auch bei Kurt Angerer bekommen, dessen Schwerpunkt auch eher in dieser Weißweinsorte liegt.

Über den Red Granite Syrah ist gar nicht so viel herauszufinden. Produziert wurde der Wein in kleinster Auflage (zwei neue Barrique-Fässer) zusammen mit Weinberater und Weinmacher Gregor Drescher. Man tritt an, um sich mit den Top Syrah von der Nord Rhone in Frankreich zu vergleichen.

Die Erfahrungen am Tisch waren allerdings eher gering mit Syrah von der Nordrhone. So sahen wir den Wein als ein Unikat, der schwer mit unseren anderen Österreicherfahrungen zu vergleichen ist:

Schöne Cassis-Nase, etwas Vanillepudding, Kakao und ganz feines Holz.

Im Mund eine brillante, eher kühle Cassis-Frucht und ganz feines Tannin. Die kühle, steinige Mineralität dominiert hier klar vor einer ebenso schönen Würze, was für mich beim Rotwein eher seltener ist. Der Wein ist kraftvoll und dicht, die knackige Säure trägt das Gewicht aber mühelos. Eher mittellanger, schöner, klarer Abgang.

Der Wein hat mich schon etwas verwirrt. Er ist auf der einen Seite durch die Säure und Mineralität fordernd, auf der anderen Seite aber auch sehr unaufgeregt und nicht wahnsinnig komplex. Er zeigt viel Kraft, bleibt aber ebenso immer sehr elegant. Der Wein erscheint blutjung und hat absolut keine Reifenoten, obwohl er schon 8 Jahre auf dem Buckel hat. Im Nachgang muss man auch erwähnen, wie gut das Holzmanagement war, immerhin waren ausschließlich neue Barriques im Einsatz.

Zweifellos ein hervorragender Wein, der es aber an diesem Abend nicht geschafft hat, mich wirklich zu berühren.

 

Bewertung und Fazit:

Am Ende der Probe haben wir wie immer die ersten Plätze gewählt. Platz 1 erhielt 3 Punkte, Platz 2 2 Punkte, Platz 3 1 Punkt. In Summe ergab sich folgendes Siegertreppchen:

1.       Weninger, Burgenland – Blaufränkisch Dürrau 2015

2.       K+K Kirnbauer, Burgenland – Das Phantom 2014

3.       Kurt Angerer, Kamptal – Red Granite 2011

Österreich ist und bleibt für mich ein tolles Rotweinland. Mir wären noch einige Kandidaten für diese Probe eingefallen, aber wie immer kann ein solcher Abend in kleinem Kreise nur einen kleinen Einblick bieten.

 

Nachtisch:

Den kleinen „Nachtisch“ außer Konkurrenz aber in Österreich(/Ungarn) möchte ich nicht vorenthalten. Vorweg: auch die 3 Mengenweine (vor dem Glykol-Skandal 😉) waren noch mit Genuss zu trinken. Der 1957er Tokajier 6 Puttonyos vom Staatsweingut Tokaj Hegyalja war allerdings trotz der ebenfalls etwas besonderen Abfüllgeschichte eine Wucht!

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6 Kommentare
  1. Thomas sagte:

    Hallo Andreas,
    deine Bestandsaufnahme zur österreichischen Rotweinlandschaft ist wirklich hervorragend und bietet viele spannende Einblicke! Besonders deine Einschätzung zum Blaufränkisch als „Flaggschiff der österreichischen Rotweine“ hat mich angesprochen. Ich teile deine Meinung, dass Blaufränkisch durch seine Kombination aus Frische, Tanninstruktur und Lagerfähigkeit eine herausragende Stellung einnimmt. Gerade Winzer wie Moric oder Uwe Schiefer haben es geschafft, den Blaufränkisch auf ein international anerkanntes Niveau zu heben, ohne dabei die Eigenständigkeit dieser Rebsorte zu verlieren.
    Auch dein Abschnitt über den St. Laurent ist äußerst treffend. Es stimmt, dass diese Sorte oft im Schatten von Pinot Noir steht, obwohl sie bei entsprechender Vinifikation herausragende Weine hervorbringen kann. Das Weingut Johanneshof Reinisch zeigt beispielhaft, welches Potenzial in dieser Rebsorte steckt, wenn sie in die richtigen Hände gerät. Es wäre spannend, zu hören, wie du die Rolle des Zweigelt in dieser Bestandsaufnahme siehst – gerade in Hinblick auf die Diskussion, ob er als „Österreichs Alltagswein“ zu sehr in den Massenmarkt gedrängt wurde.
    Liebe Grüße, Thomas

    Antworten
    • Andreas sagte:

      Hallo Thomas,

      danke für Dein Feedback. Beim St. Laurent ist Reinisch auch für mich definitiv das beste Weingut.
      Ich bin nicht besonders tief in der österreichischen „Zweigelt-Szene“, dafür aber umso mehr in der deutschen „Portugieser-Szene“ unterwegs. Ich stell mir die Situation ähnlich vor. In Österreich und in Deutschland gibt es beim Portugieser eine lange Tradition. Vor hundert Jahren war das in der Pfalz zum Beispiel ein einfacher, eher rosefarbener Alltagswein. Riesling und Co nur etwas für die Reichen. Der Portugieser ist ertragreich, reift nicht zu langsam und stellt wenig Ansprüche an den Boden.
      Der Zweigelt ist zwar jünger und geschmacklich etwas anders, hat aber hinsichtlich Ertrag, Bodenansprüchen und Klimaanpassungsfähigkeit Ähnlichkeit mit Portugieser.
      In beiden Fällen ist klar, dass die Rebsorten immer schon als Brot- und Buttersorten angepriesen und angebaut wurden. Die Sicherung hoher Erträge stand im Vordergrund, mit dem Argument wurden sie von Rebzüchtern verkauft.
      Und wenn so ein Image erstmal geboren ist, ist es halt schwer, das wieder zu korrigieren und den Leuten zu sagen: Daraus kann man hochwertige Weine machen, für die ein hoher Preis verlangt werden kann. Da ist es viel einfacher, einen durchschnittlichen Pinot Noir oder Riesling oder Chardonnay als besonders hochwertig zu verkaufen und entsprechend einen hohen Preis zu verlangen.
      Zu dem Image kommt dann auch der Aufwand hinzu. Um hochwertige Zweigelt oder Portugieser zu machen, musst Du die Reben in gute Lagen mit eher mageren Böden pflanzen und trotzdem noch Ertragsreduktion ohne Ende betreiben, um den Geschmack zu konzentrieren. Richtig alte Reben (>50 Jahre) helfen dabei sicher auch. Weniger wüchsige Rebsorten sind da sicher besser geeignet.
      Aber wenn Du das machst, kannst Du aus den Rebsorten natürlich hervorragende Weine machen, die auch ordentlich Kritikerpunkte einheimsen. Nur: Für Deinen Pinot, Deine Bordeauxcuvee, Deinen Top-Blaufränkisch kannst Du dann auch 50 EUR pro Pulle verlangen, während der Portugieser oder Zweigelt in den meisten Fällen für 30 EUR (bei vielleicht mehr Aufwand) im Regal bleibt.
      In einem Sternelokal in der Pfalz hat die Sommeliere mal fast feuchte Augen bekommen, als ich „freiwillig“ eine Flasche Rings Portugieser Reserve bestellt habe. Ein Hervorragender Wein, zu einem wirklich günstigen Preis. Sie sagte, dass sie den Wein sonst nur in der Weinbegleitung oder ganz selten mal durch intensive Beratung verkauft bekommt, sie ihn selbst aber auch sehr mag. Ich glaube daher nicht, dass sie hier viel nachordern musste. Und das Weingut Rings hat es ja auch erkannt. Den Wein gibt es nicht mehr. Große Gewächse vom Spätburgunder und Riesling lassen sich besser und teurer verkaufen. Schade für den Portugieser aber verständlich aus Winzersicht.
      Aufgrund dieses Dilemmas sind hochwertige Weine dieser Rebsorten aus meiner Sicht immer Nischenprodukte. Eine Art Winzerhobby und nie ein Umsatzbringer für ein Weingut.

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  1. […] ist das Weingut definitiv in meinem Fokus und das eine oder andere auch in meinen Keller gewandert. Auf einer kleinen privaten Österreichprobe im Februar war der 2015er Dürrau dann auch unser &#8222…. Insofern war ich gespann auf den Jahrgang […]

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