SaarRieslingSommer am 24. und 25.08.2024

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Am letzten Wochenende haben wieder 51 Winzer in 15 Saarweingütern ihre Weine anlässlich des Saarrieslingsommers präsentiert. Wer ein bisschen Spaß am Riesling (trocken oder restsüß) hat, dem sei die Veranstaltung sehr ans Herz gelegt. Schöne Locations, tolle Weine, überall kleine Snacks und die „Gemütlichkeit“ des überschaubar großen rheinlandpfälzischen Saartals.

Perfekt für einen Sommerausflug, der hier sogar per Bahn erfolgen kann, da die Region anständig angebunden ist. Für den Transfer zwischen den Weingütern ist ein Shuttle-Service eingerichtet, den wir dieses Jahr allerdings nicht genutzt haben, da wir nur am Sonntag vor Ort waren.

Trotz der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit hatten wir viele tolle Gespräche und hervorragende Weine, so dass es sich lohnt, ausführlicher darüber zu schreiben.

 

Nicht Riesling

Adamswein:

Saarrieslingsommer1Im Weingut Cantzheim war das Weingut Adamswein/Simone Adams aus Ingelheim zu Besuch. Ein Geheimtipp ist der Betrieb ja nun schon länger nicht mehr. Kein Wunder, denn die gezeigten Weine waren allesamt großartig.

Da nehme ich den 2022er Ingelheimer Spätburgunder Rosé nicht aus. Natürlich ist das die Stufe Easy Drinking und kein komplexer Spitzenwein. In seiner Kategorie stellt er aber aus der Nerdsicht viele andere Weine in den Schatten. Der Wein ist extrem frisch, hat eine schöne, durchaus knackige Säure und schmeckt trocken. Er wird durch ein ganz feines Tanningerüst getragen, bleibt aber rund ohne viele Ecken und Kanten. Und da gibt es KEINE süße Erdbeerfrucht und nichts klebt am Gaumen. „Noch eine Flasche auf die Terrasse bitte!“

Der 2022er Ingelheimer Grauburgunder hat Maischestandzeit abbekommen und funkelt daher lachsfarben im Glas. Er hat mehr Struktur als der Rosé, steht diesem aber in Frische und Klarheit in nichts nach. Er schmeckt nicht nur trocken, sondern er ist definitiv knochentrocken. Das macht ihn spannender und fordernder als den Rosé.

Der 2021er Chardonnay Lohpfad ist salzig, mineralisch, kühl und aktuell noch etwas röstig vom Holz geprägt, was sich definitiv noch legen wird. Er hat eine saftige Säure und eine schöne Länge, einen ganz ganz feinen Schmelz, aber eben null Gewicht. Das ist großes Kino!

Bei den Spätburgundern konnten wir den 2021er Ingelheimer Spätburgunder und den 2019er Spätburgunder auf dem Haun verkosten. Das ist typisch Ingelheim in einer schnörkellosen, gradlinigen Variante. Feine klare Kirschfrucht, Salz, feine Röstnoten und eine schöne aber nicht zu spitze Säure sind bei beiden die Basis. Der Ortswein ist da ein echter Preistipp mit schöner Tiefe und Komplexität. Aber auch der Lagenwein ist durch seine Länge, feine Kräuteraromatik und ordentlich Druck seinen Preis wert.

Wer die Weine von Simone Adams kennt, wird gemerkt haben, dass hier was fehlt. Bei Adams wird nicht mehr scharf geschossen. Die Kaliberangaben auf den Flaschen sind einer einfacher zu verstehenden Orts- und Lagenweinlogik gewichen.

 

Riesling

Loersch:

Ein Highlight gab es für uns schon an unserer ersten Station. Das Weingut Loersch hat eine Auswahl hervorragender Weine am Start.

Besonders schön ist es, wenn sich die Handschrift eines Betriebs durch die gesamte Kollektion zieht. Bei Loersch ist das definitiv der Fall. Eleganz, Feinheit, Klarheit, feine Würze, niedriger Alkohol sind die Konstanten bei Loersch.

Das zeigt sich schon beim 2022er Trittenheimer Apotheke „Vogelsang“ trocken, mit zarten 11,5% Alkohol.

Die beiden gezeigten großen Gewächse, der 2023er Trittenheimer Apotheke „Devonterrassen” Riesling GG und der 2023er Dhroner Hofberg Riesling GG sind mit weniger als 25 EUR echte Preis-Genusssieger, denn sie versprechen nicht nur GG-Niveau, sondern sie halten es auch.

In Erinnerung bleibt bei den trockenen Weinen ein ganz feiner, schöner, heller Schmelz am Gaumen, der sich gar nicht so einfach zuordnen lässt, weil er nichts plumpes zuckriges oder alkoholisches hat, sondern ein feines Rückgrat für die Weine bietet.

Im fruchtigen Bereich geht es nicht weniger fein zu, der enorm saftige 2023er Trittenheimer Apotheke Riesling Kabinett ist ein Musterbeispiel eines Moselkabinetts. Auch hier sind wir bei knapp 14 EUR und damit ein Stück unter den Preisen vieler ebenso guter Konkurrenten.

Der 2023er Trittenheimer Apotheke Riesling Kabinett Versteigerungswein ist aromatisch nochmal deutlich intensiver und ist länger. Mitsteigern dürfte sich lohnen, würde ich sagen.

 

Stefan Müller:

Saarrieslingsommer2Stefan Müller ist wohl mit einem blauen Auge durch die Frostnächte im Frühling gekommen, haben wir in einem längeren Gespräch mit dem sehr sympathischen Winzer erfahren. Auch die Peronospora, die sich durch die feuchte Witterung im späten Frühling und Sommer ausbreitete, konnte er erfolgreich eindämmen. Leider waren nicht alle Winzer bezüglich der Menge der 2024er Weine so optimistisch wie Stefan.

Das Ergebnis der 2023er Saison lässt sich auf jeden Fall sehen. Stefan Müller pflegt einen kühlen, schlanken Stil. Beim trockenen Ortswein geht er aufs Ganze. Nach der Verkostung des 2023er Krettnacher Riesling trocken sind alle Sinne geschärft! Die Säure zieht anständig am Gaumen. Das ist für mich kurz vor zu krass, aber im letzten Moment bekommt der Wein die Kurve, der Restzucker holt das ganze auf ein gutes Maß zurück. Erfrischend, nicht unreif, nicht anstrengend!

Der fruchtsüße Kabi – 2023er Niedermenninger Sonnenberg Riesling Kabinett Alte Reben ist klar frisch und ausgewogen, man könnte ihn fast als feinherb bezeichnen. Der Zucker puffert hier die hohe Säure gerade eben ab, ohne selbst in den Vordergrund zu treten. Dazu hat der Wein eine schöne Mineralität und Tiefe.

Das gleiche gilt für die straighte 2023 Krettnacher Euchariusberg Riesling Spätlese, die bei anderen Produzenten auch noch als Kabi durchgehen würde.

Stefan Müller ist ein akribischer Mensch, er und sein Team stecken viel Arbeit in die Weine. In dem Kontext sind die Weine preislich als sehr günstig zu bezeichnen. Wer schlanke, säurebetonte, aber nicht grüne, unreife Weine mag, muss hier quasi zuschlagen.

 

Peter Lauer:

Es ist jedes Mal Vergnügen und Arbeit zugleich, die Weine von Florian Lauer zu verkosten.

Harte Arbeit ist stets die Annäherung an seine trockenen Weine. Gerade, wenn man entlang der Saar vorher ein paar hervorragende und knackig saure, trockene Rieslinge verkostet hat, lohnt es sich gleich beim 2023er Ayler Ortswein (Fass 25) innezuhalten. Jetzt wird es nämlich ganz anders. Ganztraubenpressung, Spontanvergärung, Hefelager und dann: biologischer Säureabbau. 2023 liegt Florian Lauer beim Ayler Riesling unter 5‰ Säure, wo bei Ortsweinen und GG anderer Produzenten an der Saar eher 7‰ – 9‰ Säure üblich sind.

Die Aromatik des Rieslings verändert sich dadurch eklatant. Die Frucht wird dunkler und tritt in den Hintergrund und kräutrige, pflanzliche, florale Noten treten in den Vordergrund. Die Weine werden von Solisten häufig zu Essensbegleitern. Schon der Ayler Ortswein ist damit viel multifunktionaler zu verschiedenen Speisen als alle anderen an diesem Tag getrunkenen trockenen Rieslinge. Für den 2023er Schonfels Riesling GG (Fass 11) und den 2023er Kupp Riesling GG (Fass 18) mit ihrer tiefen Würze und Schmelz gilt das umso mehr. Lang und komplex sind die GG, aber sie waren für mich schwer in den Kontext der Jahre einzuordnen, da sie noch etwas reduktiv und von Hefe gedeckt daherkamen. Hier ist auf jeden Fall warten angesagt.

Säuremäßig ganz anders ab geht die Post übrigens bei Lauers feinherben Weinen. Lauer unterscheidet hier zwischen den trockenen bis feinherben Weinen, die analytisch sehr nah an trocken liegen und den „echten“ feinherben. Um genau die „echten“ geht es. Vertreten wurde das Segment durch den 2023er Stirn Riesling feinherb (Fass 15) und den 2023 Kern Riesling feinherb (Fass 9). Im aktuell jugendlichen Alter ist das hellfruchtig, frisch, bezogen auf den hohen Restzuckerwert wenig süß und tiefmineralisch. Stirn ist etwas kühler und aufgeräumter, Kern etwas ernsthafter und würziger. Die Säure ist mundwässernd aber im Zucker und Extrakt gut eingebunden. Beide Weine haben eine schöne Länge. Die Weine würde ich gern mal nach 6 oder 7 Jahren probieren, wenn Frucht und Süße noch etwas zurückgegangen sind. Das Potential ist auf jeden Fall da.

Im fruchtsüßen Bereich geht die Säurepost 2023 übrigens genauso ab wie bei den feinherben Weinen. Antrinktipp hier der 2023er Schonfels Riesling Kabinett, der noch einiges mehr Zug, Feinheit und Zungentanz bietet, als der ebenfalls gezeigte 2023er Lambertskirch Riesling Kabinett.

 

A.J. Adam:

Saarrieslingsommer3Nach den drei (jungen) Wilden geht es bei A.J. Adam etwas klassischer aber nicht weniger spannend zu.

Hervorzuheben auf der trockenen Seite ist sicher das 2023er Piesporter Goldtröpfchen Riesling GG. Geerntet von teils wurzelechten hundertjährigen Reben direkt oberhalb der bekannten Parzelle Schubertslay kommt hier ein tiefwürziger und kräutriger, dunkelfruchtiger Riesling her, der trotz aller komplexen Aromatik und hohem Extrakt feingliedrig und frisch bleibt und eine großartige Länge hat. Für mich einer der überraschendsten und besten trockenen Weine des Tages.

Bei den Kabis stellte sich die Frage, ob der 2023er Dhroner Häs’chen Riesling Kabinett oder der 2023er Dhroner Hofberg Riesling Kabinett nun in unserem persönlichen Geschmacksprofil vorn liegen. Der Hofberg ist der straigtere, frischere und auch komplexere der beiden. Das Häs’chen ist süßer, hat aber eine intensive, schöne dunkle Frucht und Mineralität, der ich schon in vergangenen Jahrgängen schlecht widerstehen konnte – 1:0 fürs Häs’chen.

 

Alle weiteren wichtigen Begegnungen im Ticker

  • Forstmeister Geltz-Zilliken: Lobhudeleien gab es schon viele von mir, aber auch die 2023er Kollektion ist sehr gut gelungen. Antrinktipp: der 2023er Saarburger Kabinett fruchtig.
  • Karthäuserhof: Hatte ich schon einige Jahre nicht mehr getrunken. Früher fehlte häufig etwas die Konstanz. Die gezeigten 2022er waren aus einem Guss, die kühle, leicht phenolische Gutsstilistik zog sich durch die gezeigten Weine. Antrinktipp: 2022er Eitelsbacher Alte Reben Riesling trocken
  • Bischöfliche Weingüter Trier: Es tut sich was: Das Gelände am Scharzhofberg ist herausgeputzt, der Blick auf die schöne Obstwiese frei, ein zentrales Kelterhaus ist geplant und die Weinbezeichnungen wurden entrümpelt, trockene und feinherbe Prädikate sind Vergangenheit. Eine schöne Entwicklung. Dazu das wahnsinnige Lagenpotential. In allen Lagen mit Rang und Namen ist das Weingut vertreten. Antrinktipp: der fruchtig, frische, balancierte 2023er Scharzhofberger Riesling feinherb

 

Zum Schluss noch ein Feedback an die Organisatoren: Die Veranstaltung ist wunderbar, mir fehlen nur konsequente Weinlisten an den Stationen, um direkt darauf Notizen zu machen. Teilweise gibt es Aufstellungen der Probenweine im „SaarRieslingSommer“-Style, teils direkt vom Weingut, teils nur allgemeine Preislisten, teils ist nichts mitzunehmen. Eine kompakte Liste der Probenweine pro Station wäre toll. Musterbeispiel ist die Weinliste am Standort Geltz-Zilliken. Ich brauche das auch nicht zum Mitnehmen, eine Downloadmöglichkeit von Stationslisten oder einer Gesamtexcel würde die Logistik schon deutlich erleichtern.

Bis nächstes Jahr an der Saar!

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