Dieses Jahr haben wir es erstmals geschafft, ein ganzes, genussvolles Wochenende bei Mythos Mosel zu verbringen oder quasi die Riesling Reise voll auszukosten. Wir hatten ein wunderbares Wochenende:
Bei Mythos Mosel präsentieren sich nicht nur über 100 Weingüter von Mosel, Saar und Ruwer, sondern eine ganze Region: Das Moseltal. Dabei wechseln sich die Flussabschnitte im Jahresrhythmus ab, dieses Jahr war der Bereich von Kesten bis Zeltingen an der Reihe.
Und die Region zeigt dabei aus meiner Sicht sehr erfolgreich, dass sie mehr zu bieten hat, als aus der Mode gekommene Weinstubenromantik, Bustourismus zu billigem Wein und Wohnmobilstellplätze.
Organisiert wird die Veranstaltung von der Gruppe „Moseljünger“, einem Zusammenschluss von 18 jungen Winzern, die mit Ihren Weinen und mit der Veranstaltung insgesamt reichlich frischen Wind ins Moseltal geblasen haben.
Genuss auf allen Ebenen
Genuss ist das Thema bei Mythos Mosel. Im Vordergrund steht hervorragender Wein, gutes Essen und Party. Aber auch fürs Auge wird neben der grandiosen Kulturlandschaft und den pittoresken Städtchen eine großartige mal traditionelle, mal moderne Weingutsarchitektur geboten.
Die Investitionsbereitschaft einiger Winzer ist jedenfalls nicht zu übersehen, egal, ob in die Modernisierung eines historischen Gebäudes oder durch Neubau eines modernen Weingutsbetriebs. Auch das zähle ich zum frischen Wind an der Mosel und ist ein starkes Signal für die Zukunft.
Aber auch das Publikum selbst zeigt, dass die Mosel auf dem richtigen Weg ist. Viele junge Leute waren unterwegs und internationale Besucher gab es ebenfalls einige. Viele fremde Sprachen konnte man hören.
Eine Rundreise mit 30 Stationen
Das Prinzip der Veranstaltung ist schnell erzählt. 30 Weingüter hatten ihre Tore am Wochenende geöffnet und jeweils 3 Gastwinzer eingeladen. Gemeinsam präsentierten Sie ihre Weine. An vielen Orten wurde zudem die eine oder andere Speise angeboten. Zwei Buslinien die jeweils in entgegengesetzter Richtung die Weingüter im Ring verbanden, sorgten im 20 Minutentakt für einen guten Transfer.
Abends war Party angesagt. Am Freitag fand eine große Eröffnungsfeier im Schloss Lieser statt, bei der 7 Köche die Gäste bekochten und mehrere 100 Großflaschen Wein geleert wurden. Die Karten waren so schnell vergriffen, wie für ein Konzert der Rolling Stones.
Wir haben es entspannt angegangen und es uns bei Markus Reis im Zeltinger Hof gutgehen lassen und dabei den einen oder anderen feinen Wein aus der gigantischen Weinkarte genossen.
Samstag wurden dann 3 Weingüter zu Partylocations. Wir hatten einen schönen Abend im Weingut Dr. Loosen. Auf der Dr. Loosen & Friends Party – mit Weinen des Gastgebers, von Maximin Grünhaus, Forstmeister Geltz Zilliken, Ansgar Clüsserath, Wittmann (Rheinhessen), Joh.Jos. Prüm, Heymann-Löwenstein, Fritz Haag und Daniel Twardowski. Dazu einer spannenden Raritätenprobe, einem Flying Menue von Kate & Kon vom Attersee und spannenden Weingesprächen mit unseren Tischnachbarn, allesamt Mitglieder der Facebook Gruppe #winelovers , die sich aus diversen Ländern zum Gruppentreffen an der Mosel versammelt hatten.
Tagsüber war Selbstbeschränkung und eine sorgfältige Auswahl gefragt. An zwei Tagen haben wir 10 von 30 Stationen geschafft. Dann war Schluss: Sowohl zeitlich, als auch bezüglich der persönlichen Verkostungskondition.
Neues und wieder Entdecktes
Mitgenommen haben wir viele Eindrücke und Erfahrungen. Zum Beispiel von der Sonderprobe für gereifte Weine des Bernkasteler Rings im Weingut Kerpen, die genau wie die Raritätenprobe der Party von Dr. Loosen am Abend einmal wieder gezeigt hat, wie schön Moselriesling reift. Allen voran ist da die feine 1993er Riesling Spätlese vom Weingut Forstmeister Geltz Zilliken zu erwähnen – zeitlos!
Auch eine neue Erfahrung im Weingut Markus Molitor: Eine große Publikumsverkostung mit Zalto-Gläsern.
Oder, dass ein Fass aus Akazienholz wunderbar mit Moselriesling harmoniert und im Falle des 2016er Trittenheimer Apotheke „Jungheld“ Riesling trocken vom Weingut Loersch zu einem eleganten und dichten, aber auch schon in dem jungen Stadium geschmacklich nicht besonders holzbetonten Wein führt.
Überhaupt war die Kollektion des Weinguts Loersch für mich eine sehr schöne Überraschung, da ich das Weingut bisher nicht auf dem Schirm hatte.
Das Kennenlernen von neuen Weingütern oder das Wiederentdecken von etwas aus den Augen verlorenen ist sowieso eines der schönsten Ergebnisse.
In diesem Jahr galt das neben Loersch insbesondere für folgende Weingüter:
Carl Loewen – starke trockene Weine haben wir probiert. Angefangen schon am Freitag im Zeltinger Hof mit einer Flasche 2015er Maximin Herrenberg „1896“ Riesling trocken zum Abendessen. Der Wein wird produziert, wie es zum Pflanzdatum der Reben – 1896 – üblich war.
D.h. kein Mineraldünger, Handlese, Pressung mit Muskelkraft auf der Korbpresse und Spontangärung im Fuderfass. Wir suchten einen Wein, der gleichzeitig einem Kalbsfilet mit dunkler Soße und Garnelen in Hummersoße mit Parmesan und grünem Spargel standhalten konnte. Das passte bestens: Der Wein hat eine herrliche Struktur, ist lang und viel zu jung.
Auch der 2017er „1896“ konnte überzeugen, genau wie die weiteren vorgestellten eher kraftvollen trockenen Rieslinge, der 2017er Leiwener Laurentiuslay Riesling Alte Reben trocken, der 2017 Thörnicher Ritsch Riesling GG (Faßprobe) und der 2017er Maximin Herrenberg Riesling GG (Faßprobe).
Weingut Haart – Hier gibt es Parallelen zu Carl Loewen, denn auch einen Wein dieses Weinguts hatten wir auf Empfehlung von Markus Reis bereits am Freitag – diesmal quasi zum Nachtisch. Nämlich die sensationelle 2007er Ohligsberger Riesling Spätlese mit einer sagenhaften, eher rotbeerigen Aromatik und einer tollen Feinheit.
Das bei Mythos Mosel vorgestellte 2016er Piesporter Goldtröpfchen Riesling GG, der 2017er Piesporter Goldtröpfchen Riesling Kabinett, die 2017er Piesporter Goldtröpfchen Riesling Spätlese und die 2009er Piesporter Goldtröpfchen Riesling Spätlese zeigten sich ebenfalls von ihrer besten Seite und verdienen es, das Weingut unbedingt im Blick zu haben.
Weiser-Künstler – Bei Insidern ein „alter Hut“ – für mich ganz neu. Beeindruckend die puristische, eher karge, salzige und kühle Interpretation des Moselrieslings, die aber zumindest in den gezeigten 2017er Weinen nie kantig oder unruhig wirkte. Meine Favoriten waren der 2017er Enkircher Ellergrub Riesling Kabinett und die 2017er Enkircher Ellergrub Riesling Spätlese. Ebenfalls stark der 2017er Enkircher Steffensberg Riesling – niedrig im Alkohol und trocken schmeckend.
Meine grundsätzliche Einschätzung des Jahrgangs 2017 in meinem Bericht zur Mainzer VDP.Weinbörse hat sich für mich bei Mythos Mosel bestätigt. Mehr Säure und mehr Extrakt sind die wesentlichen Unterschiede zu 2016. Und aus meiner Sicht ist die durchschnittliche Qualität etwas höher als 2016. Letztes Jahr gab es je nach Region doch einige schwächere Kollektionen.
Säure und Extrakt tun insbesondere den restsüßen Weinen gut. Sie verleihen Frische und Körper, machen die Weine aber nicht breit. Dafür erscheinen mir in der Spitze die trockenen Weine aus 2016 manchmal eleganter und feiner als 2017.
Meine vollkommen subjektiven Favoriten
Beste gezeigte Kollektionen mit 2017er Weinen:
- Platz: Forstmeister Geltz Zilliken – grandiose Aromatik, fein und tänzelnd
- Platz: Fritz Haag – eine Kollektion aus einem Guss: Elegant, schöne Frucht, komplex
- Platz: Peter Lauer – Dicht, komplex und aromatisch (es wurden nur feinherbe und fruchtsüße Weine gezeigt)
- Platz: Weiser-Künstler – karg, salzig, kühl
- Platz: Dr. Hermann – Klassische Moselstilistik, tolle Frucht und Länge, Kabi und Spätlese eher süß und zum Weglegen
Nicht mit überwiegend 2017ern angetreten und auch für top befunden: Lubentiushof, Markus Molitor, Dr. Loosen, Sorentberg, Maximin Grünhaus, Schloss Lieser, von Hövel, Wwe. Dr. H. Thanisch Erben Müller Burggraef, Joh. Jos. Prüm
Einzelne Weine:
Trockene Rieslinge:
Insgesamt wurden noch nicht viele trockene 2017er gezeigt. Das finde ich grundsätzlich gut, etwas mehr Faß- oder auch Flaschenreife macht meistens doch Sinn. Bei den fruchtigen Weinen sah das anders aus, zu Gunsten von Stabilität im Wein waren hier viele Weine bereits gefüllt und standen zur Probe an.
- Platz: Loersch – 2017er Trittenheimer Apotheke Riesling „Jungheld“ trocken – Feinster Holzeinsatz und schöne Eleganz
- Platz: Carl Loewen – 2017er Maximin Herrenberg Riesling GG (Faßprobe) – kraftvoll, durchaus Gerbstoffreich
- Platz: Fritz Haag – 2017er Brauneberger Riesling „J“ trocken – ruht in sich, ist lang
- Platz: Forstmeister Geltz Zilliken – 2017er Riesling trocken – schöne Würze, toller Gutswein
- Platz: Dr. Loosen – 2017er Knochentrocken Riesling trocken – Knochentrocken an der Mosel finde ich persönlich häufig schwierig, da so die oft eher kräftige Säure doch gern ganz spitz den Wein dominiert. In diesem Azubi-Projekt ist das nicht so, alles passt gut zusammen und es entsteht ein knackiger aber feiner Wein.
Kabinett fruchtig:
- Platz: Forstmeister Geltz Zilliken – 2017er Saarburger Rausch Riesling Kabinett – Wahnsinnsfrucht und –würze, tänzelt trotzdem auf der Zunge
- Platz: Fritz Haag – 2017er Brauneberger Riesling Kabinett – Eleganz und feine Frucht
- Platz: Peter Lauer – 2017er Ayler Kupp Riesling Kabinett – ein eher kraftvoller und würziger Typ
- Platz: Weiser Künstler – 2017er Enkircher Ellergrub Riesling Kabinett – der Kompromissloseste – kühl, frisch, lang
- Platz: Dr. Loosen – 2017er Wehlener Sonnenuhr Riesling Kabinett – klassische Eleganz, dem Wein steht der Extrakt aus 2017 besonders gut.
Spät-/Auslese:
- Platz: Forstmeister Geltz Zilliken – 2017er Saarburger Rausch Riesling Spätlese – Wie beim Kabi oben, eben in der Spätleseversion
- Platz: Dr. Hermann – 2017er Erdener Herzlei Riesling Spätlese „Alte Reben“ Goldkapsel – absolut klassisch, eher auf der süßen Seite, tolle Würze und Länge, braucht viel Zeit
- Platz: Fritz Haag – 2017er Braunerberger Juffer Sonnenuhr Riesling Spätlese – Eleganz und Tiefe
- Platz: Nik Weis St. Urbans-Hof – 2017er Layet Riesling Spätlese – tolle Frucht und innere Dichte ist mir schon bei der VDP.Weinbörse sehr positiv aufgefallen
- Platz: Peter Lauer – 2017er Ayler Kupp Riesling Spätlese – sehr würzig und lang.
Last but not Least
Die Spätburgunder von Daniel Twardowski! 2011, 2014 und 2015 des „Pinot Noix“ durfte ich auf der Dr. Loosen & Friends-Party trinken. Alle drei großes Kino. Und das von einem Winzer, der 2011 seinen ersten Jahrgang geerntet hat. Keine Familientradition, keine Alten Reben. Dafür aber eben alles neu und so aufgestellt, um kompromisslos etwas Herausragendes zu erzeugen. Französische Klone, französisches Holz, schonende und traditionelle Be- und Verarbeitung mit der Hand, Nutzung einer Korbpresse und keine Filtration.
Das Ergebnis ist herausragend und Twardowski steht für mich definitiv in der Spitzengruppe der deutschen Pinot Noir Erzeugern. 2014 hat mir am besten gefallen. Kühl, aber nicht kalt, spannungsgeladen, aber elegant, komplex würzig mit feiner Frucht und wahnsinnig lang im Abgang. Absolut stark.
Großer Dank an das Team vom Weingut Dr. Loosen, dass es Daniel Twardowski überzeugt hat, doch ganz tief im Keller zu suchen, um noch ein paar Flaschen der raren Weine (mehr als 3000 Flaschen sollte es nicht gegeben haben) mitzubringen.
Jojo
Ja, war wirklich sehr schön… Aber von dem flying menu bei Dr Loosen hat kaum jemand etwas mitbekommen. Viele Gäste gingen frühzeitig, weil sie schlicht und ergreifend Hunger hatten. Ich selbst habe nur ein Süppchen ergattern können.
Ansonsten fand ich die Stationen der Jungen Winzer sehr spannend – vor allem Stafan Müller. Den sollte man auf jeden Fall probieren.
kleiner_pirat
Danke fürs Feedback. Es muß bei Dr. Loosen ja auch noch Entwicklungspotential für künftige Partys geben, war schließlich Premiere. So krass wie Du haben wir es nicht empfunden, haben eigentlich von jedem Gang etwas ergattert. Und außerdem: Wer kam schon mal in den Genuss einer von Ernie Loosen persönlich servierten Currywurst?
kleiner_pirat
Stefan Müller haben wir – wie so viele andere leider nicht probieren können. Merke ich mir mal vor.
Andreas K
Gut geschrieben, einige klasse Fotos! Nur ist mir noch nicht 100%tig klar, ob die 3 Gastwinzer auch alle Moselwinzer waren!?
kleiner_pirat
Danke fürs Feedback! Ja, an jeder Station gab es 4 Winzer von Mosel, Saar und Ruwer=Weinbaugebiet Mosel (Gastgeber und 3 Gäste)