Am Wochenende war es wieder soweit: Die Weinbranche traf sich in Mainz, um auf der VDP.Weinbörse den neusten Jahrgang der im VDP organisierten Spitzenwinzer kennen zu lernen.
Wir mittendrin, zwischen vielen Gesprächen und tollen Weinen insgesamt dann doch mal wieder überfordert: Der Katalog zu dick, die Zeit zu knapp.
Und vor allem: Die Weine zu jung. Viele Fassproben und ganz frisch gefüllte Weine. Für mich ganz schwer zu verkosten. Das Potential von Fassproben erscheint mir da häufig fast noch eher erkennbar. Probiert und im Geiste die leicht hefigen Noten abgezogen und etwas Struktur rausgenommen. Rein gefühlsmäßig scheint das einfacher, als das teilweise Quietschige und Aufdringliche aus den Weinen mit Füllschock abzuziehen. Auch unter den Winzern gibt es keine klare Meinung, ob der Zeitpunkt der richtige ist. Die Bandbreite reicht von „viel zu früh, deswegen war ich schon nicht auf der ProWein“ bis hin zu „wir müssen so früh sein, weil die Händler dringend Nachschub brauchen“.
Aber jammern hilft natürlich nicht. Die Messe ist top organisiert und bietet nun mal einen einzigartigen Überblick über die VDP Weine der verschiedenen Anbaugebiete.
2017: Mehr Extrakt und Säure
Neben der Verkostung von einigen Lieblingen und der Suche nach Neuentdeckungen haben wir wieder Schwerpunkte gesetzt und uns dieses Mal zwei Anbaugebiete sehr detailliert angeschaut: Franken und Mosel.
In beiden Gebieten fällt im Vergleich zu 2016 auf, dass in diesem Jahr in den Weinen etwas mehr Extrakt vorhanden ist. Die Weine kommen mir häufig mineralischer, etwas ausdrucksvoller und in einigen Fällen cremiger vor, Bitterkeit habe ich dafür weniger geschmeckt als 2016. Insbesondere an der Mosel scheinen auch die Säurewerte etwas höher zu sein als 2016.
Der hohe Extrakt wurde auch von einigen Winzern bestätigt. Die Ursache könnte in einigen Fällen in einem geringeren Ertrag durch die Frostschäden im Frühjahr 2017, aber auch einfach im Witterungs- und Reifeverlauf des Jahres liegen.
Franken – ein tolles Jahr
Dass Franken eines unserer Lieblings-Anbaugebiete ist, sollte kein Geheimnis mehr sein. Deswegen haben wir dieses Jahr das Gebiet auch sehr intensiv verkostet.
Und das mit dem Ergebnis, eine ganze Reihe hervorragender Kollektionen kennengelernt zu haben. Franken 2017 wird großartig. Da lehne ich mich zwar weit aus dem Fenster, habe aber nichts anderes geschmeckt.
Über allem schwebt die Kollektion von Zehnthof Luckert. Die 2017er Silvaner sind herausragend. Fein, würzig, komplex, tief. Vom 2017er Sulzfelder Silvaner trocken, über den 2017er Sulzfelder Silvaner Alte Reben trocken bis zum 2017er Sulzfelder Sonnenberg Silvaner „Gelbkalk“ trocken. Feinheit, Eleganz, Klarheit, Tiefe und Würze fallen mir als Assoziationen gleich wieder ein.
Knapp dahinter die Kollektionen von Weltner, May (besonders spannend immer wieder die Silvaner mit Holzeinsatz), Juliusspital, Wirsching und Fröhlich. Die Silvaner sind in der Regel würzig, mineralisch und saftig (etwas saftiger als 2016), dabei aber weiter moderat im Alkohol und die Rieslinge (sofern vorhanden) wieder mit etwas ausdrucksstärkerer Frucht und etwas dichterer Mineralität als 2016.
Die beiden Rotweinplatzhirsche aus Churfranken haben ihre 2016er Rotweine ins Rennen geschickt.
Benedikt Baltes scheint angekommen zu sein. 2016 und bereits 2015 ruhen die Weine in sich, nachdem Sie in den vergangen Jahren – zumindest in der Jugend – doch häufig sehr unruhig und kantig daher kamen. Dennoch haben Sie keinen Deut an Tiefe und Komplexität eingebüßt. Eine tolle Vorstellung in Mainz.
Ebenso hervorragend und von fast beängstigender Kontinuität die Rotweine von Rudolf Fürst. Die Weine jahrgangsbedingt wieder einen Tick kühler und wieder großartig. Bis zu einem Winzerdinner im letzten Dezember im Restaurant Schaumahl in Offenbach hatte ich das Weingut Fürst bezüglich Chardonnay noch nicht auf dem Schirm. Der am Wochenende in Mainz vorgestellte frische 2016er Astheimer Chardonnay Trocken mit tollem Holzeinsatz zeigt auf jeden Fall, dass das Weingut dieses Standbein ausbauen sollte.
Zwei spannende und besondere Weine hatte das Weingut Roth dabei. Den 2016er Q.E.D. Gemischter Satz trocken aus dem Betonei der sehr trocken, kraftvoll und vielschichtig ist und eine tolle Aromatik hat. Und den 2016er ‘m Pfarrer seiner Müller-Thurgau trocken, maischevergoren und im Holzfass gereift. Dieser Wein ist absolut furztrocken, hat ein tolles Tanningerüst und eine warme Aromatik. So mag ich Orange-Weine. Ganz ohne Apfelmost-Noten oder sehr oxidative Störfeuer.
Mosel – wieder einheitlicher als 2016
An der Mosel scheinen die Ergebnisse im Flussverlauf wieder etwas homogener zu sein als 2016, wo es je nach Weinlage doch sehr unterschiedliche Ergebnisse zu verkosten gab. Insgesamt erscheinen die Rieslinge etwas ausdrucksstärker als 2016 (etwas mehr in Richtung 2015).
Saar
Die Saar ist wieder ganz weit vorne.
Forstmeister Geltz-Zilliken hat eine atemberaubende Kollektion am Start. Saftig, frisch, alle Weine mit schöner Länge. Atemberaubend die unheimlich feinen und dichten Auslesen 2017er Saarburger Rausch Riesling Auslese und Riesling Auslese Goldkapsel. Ganz großes Kino.
Nicht minder beeindruckend die Kollektion von von Othegraven. Allein die Kabinette! Wie Andreas Barth es jedes Jahr schafft, so feine und unterschiedliche Weine zu produzieren ist beeindruckend. Der 2017er Wiltinger Kupp Riesling Kabinett hat Zug, eine schöne Säure und eine feine Süße, der 2017er Ockfener Bockstein Riesling Kabinett ist noch frischer und kühler und hat eine ganz besondere Würze. Der 2017er Wawerner Herrenberger Riesling Kabinett ist wieder etwas süßer als der Bockstein und eine ganz feine Frucht. Der 2017er Kanzemer Altenberg Riesling Kabinett ist zum jetzigen Zeitpunkt für mich der zugänglichste und fruchtigste. Der 2017er Kanzemer Altenberg Riesling Kabinett Versteigerungswein toppt aber alle. Unglaublich, wieviel Dichte und gleichzeitig Leichtigkeit in einen Wein verpackt werden kann.
Die Spät- und Auslesen sind nicht minder großartig. Mein Favorit hier die 2017er Kanzemer Altenberg Riesling Spätlese Alte Reben.
Hervorragend von der Saar auch die Kollektion von Peter Lauer und van Volxem. Sehr gut die Weine von von Hövel (dieses Jahr zum jetzigen Zeitpunkt sind die Weine aus der Oberemmeler Hütte vor den Scharzhofbergern).
Ruwer
Maximin Grünhaus aus dem Ruwertal hat ebenfalls eine schlicht traumhafte Kollektion vorgestellt. Neben den Rieslingen (Favorit hier der 2017er Maximin Grünhaus Abtsberg Kabinett Versteigerungswein Nr. 45) sind hier aber auch die 2016er Weißburgunder (2016er Maximin Grünhaus Pinot Blanc trocken und 2016er Maximin Grünhaus Pinot Blanc Réserve trocken) und der 2015er Maximin Grünhaus Pinot Noir trocken ganz großartig.
Mosel
Fritz Haag ist ein Weingut, was ich viel zu lang nicht auf dem Schirm hatte. Die präsentierten Weine in Mainz haben jedenfalls alle Aufmerksamkeit verdient. Meine Favoriten aus 2017 sind der dichte, aber feine 2017er Brauneberger Riesling Kabinett und die atemberaubend frische und mit schöner Frucht ausgestattete 2017er Brauneberger Juffer Sonnenuhr Riesling Spätlese. Das ebenfalls angestellte 2016er Brauneberger Juffer Sonnenuhr Riesling GG stellt ganz viele andere trockene Mosel GG in die Tasche.
Dr. Loosen hatte mit dem 2017er Blauschiefer Riesling trocken und dem 2017er Graacher Riesling trocken zwei schöne, würzige Weine vom Blauschiefer dabei, dazu einen extrem feinen und sehr frischen 2017er Wehlener Sonnenuhr Riesling Kabinett und eine ausgewogene, eher klassische, dichte 2017er Ürziger Würzgarten Riesling Spätlese (alles Fassproben).
Bei Nik Weis – St. Urbans-Hof passte ebenfalls alles. Sehr schön die beiden feinherben Klassiker, der 2017er Wiltinger Riesling Alte Reben (eher auf der würzigen Seite) und der 2017er Mehringer Riesling Alte Reben (eher auf der fruchtigen Seite und im Moment etwas offener). Mein Favorit ist die 2017er Layet Riesling Spätlese aus der Top Parzelle des Mehringer Blattenbergs.
Sehr klassisch und dennoch sehr schön die Weine von Wwe. Dr. H. Thanisch, Erben Thanisch. Bei den Kabinetten liegt für mich der frische 2017er Bernkasteler Badstube Riesling Kabinett vor dem etwas behäbigeren Doctor, während die tiefe und üppige 2017er Bernkasteler Doctor Riesling Spätlese voll überzeugen konnte – am besten nach dem man ihr 10 Jahre Zeit gegeben hat.
Und zum Schluss: Empfehlungen quer durch
Rheinhessen
Wagner-Stempel 2017er Siefersheimer Riesling „Porphyr“ trocken und 2017er Neu-Bamberger Riesling trocken: Spannende, glasklare und straffe Ortsweine, die die Unterschiede der Böden sehr gut herausarbeiten und definitiv eher Erste Lage-Niveau aufweisen.
J. Neus: Das junge Team um Betriebsleiter Lewis Schmitt steigert die Qualität von Jahr zu Jahr und findet so eine eigene, schöne Handschrift. Neben den feinen Spätburgundern gefallen uns die Ortsweine aus Chardonnay und Weißburgunder besonders gut.
Württemberg
Extrem positiv überraschte uns das Weingut Dautel. Wirkliche Erfahrungen mit dessen Weinen hatten wir bisher nicht. In Mainz wurden sehr feine und saftige Rieslinge aus 2017, erhabene, noch ziemlich holzbetonte Chardonnay bzw. Weißburgunder „S“ aus 2016, die unbedingt noch liegen müssen und tolle Spätburgunder und Lemberger gezeigt. Unbedingt weiter zu verfolgen!
Fazit
2017 wird ein gutes Jahr. Zumindest in den Anbaugebieten, die wir probieren konnten. Allerdings frost- und hagelbedingt auch leider in einigen Regionen ein mengenmäßig kleiner Jahrgang. Ich bin gespannt, wie sich die höheren Extrakte mit zunehmender Reife verhalten und einbinden. Sorgen habe ich hier allerdings keine.
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