Wie groß sind Große Gewächse vom fränkischen Silvaner? – Kleine Silvanerprobe am 17. Mai 2019 in Frankfurt

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Wie groß sind Große Gewächse vom fränkischen Silvaner? - Kleine Silvanerprobe am 17. Mai 2019 in Frankfurt

Wie groß sind Große Gewächse vom fränkischen Silvaner? – war die Kernfragestellung einer kleinen privaten Probe in Frankfurt. Zwölf Weine wurden hierfür zusammengestellt. Mindestens „angereift“ sollten sie sein und damit nicht jünger als 2014.

Zu Acht verkosteten wir die Weine, darunter waren zwei Piraten, die die Eingangskriterien Franken/Silvaner/GG/2014 oder älter rissen.

Die Weine wurden vor der Probe durch den Gastgeber in neutrale Bordeaux-Flaschen umgefüllt und nummeriert (Danke für den Riesenaufwand!) und in Zweier-Flights blind verkostet. Die Probe wurde erst ganz am Ende aufgedeckt. Beste Voraussetzungen also für einen kleinen „Marktüberblick“:

 

Flight 1 „Die Alten“:

Juliusspital – Iphöfer Julius-Echter-Berg Silvaner GG 2009 vs. Schmitt’s Kinder – Randersackerer Pfülben Silvaner GG 2010

 

Wie groß sind Große Gewächse vom fränkischen Silvaner? - Kleine Silvanerprobe am 17. Mai 2019 in Frankfurt Juspi
Juliusspital 2009

Wie groß sind Große Gewächse vom fränkischen Silvaner? - Kleine Silvanerprobe am 17. Mai 2019 in Frankfurt Juspi F1Die ältesten Weine wurden vom Gastgeber in den Flight gepackt, da er beim Umfüllen in die neutralen Flaschen schon gemerkt hat, dass die Weine in der Reife schon arg fortgeschritten waren. Beim Einschenken war die Lage klar: beide zeigten sich schon eher dunkelgold im Glas.

Der Wein vom Juliusspital zeigte in der Nase schon deutliche Sherrynoten, dazu Honig, Kräuter und etwas Orangeat.

Im Mund ebenfalls sehr reif, aber nicht ganz so kritisch, wie die Nase vermuten ließ. Eher zurückhaltende Säure, Kräuter, kalkige Mineralität, Kräuter. Bei der Frucht maximal etwas überreifer roter Apfel. Im mittellangen Abgang etwas alkoholwarm.

Das GG von Schmitt’s Kindern machte insgesamt noch einen etwas frischeren Eindruck (ggf. auch jahrgangsbedingt), war aber auch schon etwas über den optimalen Trinkzeitpunkt hinaus. In der Nase wieder sehr reif und kräutrig, aber auch etwas gemüsig, dazu ein wenig Waldmeister, rote Beeren und Rauch.

Im Mund etwas kandierte Zitrusfrüchte, grüner Apfel und Melone. Feine kalkige Mineralität, frische Säure. Recht langer Abgang, der dann doch recht stark von der Reife geprägt ist.

Definitiv ein schwieriger Start und wirklich ärgerlich, da der Silvaner hinsichtlich Reife eigentlich zu schlecht wegkommt. Bei anderen Gelegenheiten hatte ich schon einige Silvaner, die auch nach 10 oder mehr Jahren Reife in bestem Zustand waren – zuletzt auf der Mainzer Weinbörse, wo Paul Weltner einen genialen 2006er Rödelseer Küchenmeister Silvaner GG zeigte.

Mein Punkt geht (wenn überhaupt bewertbar) an Schmitt’s Kinder.

 

Flight 2 „Klassiker vs. jungem Pirat“

Hans Wirsching – Iphöfer Julius-Echter-Berg Silvaner GG 2014 vs. Bastian Hamdorf – Sylvaner 2014 Landwein Main

 

Wie groß sind Große Gewächse vom fränkischen Silvaner? - Kleine Silvanerprobe am 17. Mai 2019 in Frankfurt Juspi F2Wirsching wirklich absolut klassisch. Schon in der Nase trotz des eher kühlen Jahrs warm, sehr würzig, gelbe Früchte, Quitte.

Im Mund sehr dicht und rund. Ebenfalls eine reife, gelbe Frucht und eine feine Würze. Eine Prise Salz und Feuerstein. Zwar keine ganz kräftige aber ausreichend tragende Säure. Langer Abgang. Auf jeden Fall ein hervorragender Wein und ganz typischer Sortenvertreter. Als Solist vielleicht einen Tick zu kraftvoll, als Essensbegleiter aber klar großartig.

Der erste Pirat kam direkt aus Bastian Hamdorfs „Schatzkammer“. Obwohl eigentlich ausverkauft, gab er mir dankenswerterweise eine Flasche mit, als ich ihm vor Kurzem von unserer geplanten Probe erzählte. Der Wein ist im Großheubacher Bischofsberg gewachsen und stammt aus dem Premierenjahrgang des kleinen Klingenberger Weinguts.

Der Wein sorgte in der Probe als erster dann auch für kontroverse Diskussionen. Einige Teilnehmer lobten Frische, Säure und Gerüst, andere bemängelten den Holzeinsatz oder eine geringe Sortentypizität. Für mich sorgte der Wein auf jeden Fall als erster in der Runde für einen „Niagara-Trinkfluss“:

In der Nase kühl, steinige Mineralität, Kräuter, im Hintergrund etwas getoastetes Holz.

Im Mund eine extrem saftige, kühle Zitrusfrucht, Salz, wieder eine sehr steinige Mineralität, tiefe Würze, etwas Vanille, feines aber festes Tanningerüst, karge Stilistik, die fast an einen französischen Chardonnay erinnert. Schöner, leicht antrocknender, langer Abgang. Wer den Wein im Keller hat, sollte abwarten, da geht noch etwas mehr.

Mein Punkt geht knapp an Bastian Hamdorf.

 

Flight 3: „Klassiker vs. nicht mehr ganz so jungem Pirat“

Juliusspital – Würzburger Stein Silvaner GG 2014 vs. Michael Teschke – Sylvaner Vom Mühlweg 2013 (Rheinhessen)

Wie groß sind Große Gewächse vom fränkischen Silvaner? - Kleine Silvanerprobe am 17. Mai 2019 in Frankfurt Juspi F3Der Wein vom Juliusspital zeigt eine kühle, tiefwürzige Nase mit vegetabilen Noten, Quitte und leicht hefig, holzigen Noten.

Im Mund zeigt er eine wunderbar feine, gelbe Frucht und etwas Orange. Dazu rote Beeren, eine ganze Kräuterwiese, kalkige Mineralität und eine Prise Pfeffer. Langer und klarer, sehr schöner Abgang. Für mich großes Kino!

Der rheinhessische Pirat könnte stilistisch konträrer nicht sein. Entsprechend gibt es auch hier wieder kontroverse Diskussionen am Tisch. Hätten wir gewusst, welches Weingut wir im Glas haben, wäre alles klar gewesen. Michael Teschke ist ein Individualist und macht ebensolche Weine. Der „Vom Mühlweg“ wird von Hand gelesen, spontan vergoren und im Holz ausgebaut. In der Nase zunächst nur ein kräftig schwefliger Stinker. Erst nach und nach treten kräutrige Noten und etwas Veilchen zu Tage.

Im Mund frisch mit einer recht kräftigen Säure, Frucht nach Orange, Birne, und roten Beeren. Feines Gerbstoffgerüst, das an grünen Tee erinnert. Dazu wieder florale Noten und eine feine, eher kalkige Mineralität. Mittellanger Abgang. Ein Wein mit viel Zug, aber insbesondere wegen der Nase auch etwas rustikal wirkend.

Mein Punkt geht ans Juliusspital.

Fight 4: „Duell im südlichen Maindreieck“

Zehnthof Luckert – Sulzfelder Maustal Silvaner GG 2014 vs. Bickel-Stumpf – Frickenhausener Kapellenberg „Mönchshof“ Silvaner GG 2014

Wie groß sind Große Gewächse vom fränkischen Silvaner? - Kleine Silvanerprobe am 17. Mai 2019 in Frankfurt Juspi F4Luckerts Maustal zeigte eine wunderbare dichte und kühle Nase mit Apfel, roten Beeren, Orangeat und feiner Mineralität.

Im Mund eine tolle Kräuterwürze, mit kühler und leicht süßlicher gelber Frucht und roten Beeren. Ganz feine, höchst elegante, kalkige Mineralik und leicht schmelzige Textur. Sehr langer und schöner Abgang. Top!

Bickel-Stumpfs Mönchhof besticht ebenfalls durch eine dichte, komplexe Nase hier mit Quitte, Birne, Kalk und nussigen sowie rauchigen Noten.

Im Mund steht die kalkige Mineralität im Vordergrund. Dazu gibt es eine kühle Frucht und eine zitronige Säure. Eine schöne Kräuterwürze und eine Prise Salz runden das ganze ab. Im langen Abgang bleibt es kalkig. Eine ganz feine Kohlensäure im Wein sorgt aber dann doch für Diskussionen. Sie wird unterschiedlich stark störend gesehen. Weitgehend einig ist man sich aber, dass Kohlensäure im GG grundsätzlich eher nicht erwartet wird.

Luckert ist für mich vorn.

 

Flight 5: „Zwei Sauer-Lumpen“

Horst Sauer – Escherndorfer Lump Silvaner GG 2011 vs. Rainer Sauer – Escherndorf am Lumpen 1655 Silvaner GG 2013

Wie groß sind Große Gewächse vom fränkischen Silvaner? - Kleine Silvanerprobe am 17. Mai 2019 in Frankfurt Juspi F5Horst Sauers Silvaner kommt mit einer gewürzigen Nase, süßlicher gelber Frucht mit roten Äpfeln und reifen Birnen und etwas Bienenwachs und Butter.

Im Mund ebenfalls eine warme, eher süße, gelbe Frucht. Der Wein hat eine schöne kräutrige Würze Etwas zusätzliche Wärme und Süße und wohl auch einen ganz leichten Bitterton ordne ich dem Alkohol zu. Der Abgang ist lang, bleibt aber alkoholwarm. Insgesamt gekonnt gemacht und sicher vom warmen Jahrgang beeinflusst. Aber auch wieder eher ein Essensbegleiter, weil er doch recht viel von allem hat.

Rainer Sauers Vertreter ist etwas kühler. In der Nase ein ganz typischer kräutriger Silvaner mit einer schönen Birnenfrucht.

Im Mund reife Birne und reifer Apfel, etwas Karamell und Kräuter. Schöne Säure, aber auch gleichzeitig viel Süße. Mittellanger Abgang. Nicht der komplexeste Wein des Abends.

Mein Punkt an Horst Sauer

 

Flight 6: „Nordwest vs. Südost“

Paul Weltner – Rödelseer Küchenmeister Hoheleite Silvaner GG 2012 vs. Rudolf May – Thüngersheimer Johannisberg „Recis“ Silvaner 2012 (seit VDP-Beitritt: Rothlauf GG)

Wie groß sind Große Gewächse vom fränkischen Silvaner? - Kleine Silvanerprobe am 17. Mai 2019 in Frankfurt Juspi F6Der Silvaner von Paul Weltner zeigt eine etwas schwierige Nase nach überlagerten Äpfeln, Leder und Kräutern.

Im Mund ist er schöner: Viel Kalk und roter Apfel, frische Säure, feines Gerbstoffgerüst und Feuerstein. Langer Abgang. Sehr straigter Stil. Bei mir persönlich ist der Wein nicht so gut weggekommen, weil Nase und Geschmack für mich einfach nicht harmonieren wollten. Einige Mitverkoster sahen es anders. Durchaus auch ein kontrovers diskutierter Wein.

Der Recis von Rudolf May war dann als letzter Wein des Abends auch mein persönlicher Favorit. In der Nase schon eine unheimlich spannende und intensive Würze, rauchig und fast ans Schießpulver erinnernd. Dazu Birne, Quitte und im Hintergrund leicht gemüsige Noten.

Im Mund wieder sehr druckvoll aber nicht breit. Ebenfalls wieder viel von der schwer beschreibbaren aber wunderbaren Würze. Kalkige Mineralität, die den Wein ganz minimal cremig erscheinen lässt. Frische apfelige Säure und etwas Birne bilden die Fruchtkomponenten. Sehr langer, feiner Abgang. Sehr ausgewogen zwischen Druck und Eleganz.

 

Die Ergebnisse:

Meine persönlichen Favoriten waren:

1. Rudolf May – Thüngersheimer Johannisberg „Recis” Silvaner 2012

2. Zehnthof Luckert – Sulzfelder Maustal Silvaner GG 2014

3. Bastian Hamdorf – Sylvaner 2014 Landwein Main

 

Die Gruppenfavoriten*:

1. Zehnthof Luckert – Sulzfelder Maustal Silvaner GG 2014

2. Rudolf May – Thüngersheimer Johannisberg „Recis” Silvaner 2012

3. Gleichauf:
    Bastian Hamdorf – Sylvaner 2014 Landwein Main
    Juliusspital – Würzburger Stein Silvaner GG 2014
    Michael Teschke – Sylvaner Vom Mühlweg 2013 (Rheinhessen)

 

Fazit:

Wir haben an diesem Abend eine ganze Reihe großartiger Silvaner getrunken. Auch wenn sich Silvaner nicht ganz so wandelbar zeigt, wie zum Beispiel der Riesling, ist die Bandbreite der Stile und Aromen extrem hoch. Auch qualitativ müssen sich die Silvaner GG nicht hinter ihren bekannteren Riesling-Geschwistern verstecken. Die beiden Piraten zeigen, dass es stilistisch auch noch ganz anders geht und geben Grund zur Annahme, dass die Geschichte des Silvaners nicht auserzählt ist.

In warmen Jahren neigt der Silvaner definitiv dazu, etwas „gemütlicher“ zu werden. Bei den Top-Gütern hat das auf Komplexität und Größe wenig Einfluss – allerdings rufen die Weine dann nach einem ebenbürtigen Essenspartner.

Nur einen Beweis konnten wir aufgrund der beiden Ausfälle in Flight 1 nicht antreten: Dass Silvaner hervorragend reifen kann. Vielleicht ergibt sich hierzu ja in ein paar Jahren die Gelegenheit das nachzuholen.

Bis auf den dankenswerterweise überlassenen Pirat von Bastian Hamdorf wurden alle Weine durch die Teilnehmer aus eigenen Beständen mitgebracht und bezahlt.

 

In diesem Sinne:

Trinkt mehr Silvaner!

 

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*ermittelt: Top 3 jedes Teilnehmers gewichtet nach Platzierung 1. Platz=3 Punkte, 2. Platz=2 Punkte, 3. Platz=1 Punkt

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