In Teil 1 könnt ihr allgemeines zur VDP.Weinbörse und unsere bunten Erfahrungen mit Weißburgunder und Chardonnay nachlesen, hier in Teil 2 folgen noch unsere Tipps zu Silvaner (Franken) und Spätburgunder (Franken, Pfalz, Rheinhessen und Baden).
Für alle Tipps gilt folgender Disclaimer: Erst vor kurzem abgefüllte Weine sind häufig noch etwas durcheinander und etwas „quietschig“ in der Aromatik, Fassproben dagegen ggf. noch sehr von Hefe geprägt und damit mit einem leichten „Geschmacksschleier“ versehen. Hinzu kommen die Verkostungsumstände in der Messehalle. Da ist es nicht immer einfach die Perlen zuverlässig herauszupicken. Wir gaben uns alle Mühe.
Antrinktipps Silvaner (Franken)
Der überwiegende Teil der Silvaner stammt aus dem Jahrgang 2023. Das Jahr hatte für die Winzer wieder einige Herausforderungen zu bieten. Das Frühjahr war viel zu trocken, dafür kam im Sommer dann Regen und Feuchtigkeit auf, was den Pilzdruck massiv erhöhte. Der viele Regen ließ aber auch die Trauben schnell wachsen und reifen, sodass es relativ früh im Jahr mit der Lese schnell gehen musste, weil alles gleichzeitig reif wurde.
Qualitativ scheint 2023 für Silvaner ein guter Jahrgang zu sein. Die Weine sind nicht zu fett geraten und strahlen Eleganz aus.
Fürstlich Castell’sche Domäne
Beim Fürsten aus Castell werden die GG seit kurzem erst nach 5 Jahren auf den Markt gebracht, die ersten Lagen erst nach 2 Jahren. Ein starkes Statement!
Auch beim sehr guten Casteller Silvaner Ortswein ist aktuell 2022 noch im Verkauf.
Insgesamt sind eine Qualitätssteigerung und größere Qualitätskonstanz in den letzten Jahren klar festzustellen.
Die beiden gezeigten ersten Lagen zeigen das deutlich und könnten auch als GG durchgehen.
Der 2022er Casteller Kugelspiel Silvaner 1G zeigt etwas mehr Frucht, während der 2022er Casteller Hohnart Silvaner 1G rauchiger und nussiger ist.
Der 2018er Casteller Schlossberg Silvaner GG zeigt mit 14% Alkohol klar, dass er aus einem warmen Jahr kommt, trotzdem ist aromatisch über 5 Jahre nach der Ernte alles am richtigen Platz, der Wein ist zwar klar warm – schmelzig, aber keineswegs alkoholsüß oder unrund. Ein schöner Essensbegleiter, gerade, wenn man zuhause keinen Keller hat, um junge Weine selbst reifen zu lassen.
Juliusspital
Beim Juliusspital hat der 2023er Iphöfer Kronsberg Silvaner 1G deutlich die Nase vor dem Klassiker aus dem Würzburger Stein.
Um zu zeigen, wie gut Silvaner reifen kann, hat das Juliusspital auch den 2014er Würzburger Stein Silvaner EL zur Verkostung angestellt. Da 2014 für mich ein großartiges Silvanerjahr war, war meine Erwartungshaltung groß und wurde nicht enttäuscht. Der Wein war in einem Top Zustand. Natürlich mittlerweile in Ehren gereift und von der Komplexität her nicht ganz GG-Niveau, aber immer noch saftig und mit wunderschöner Mineralität. 13,00 EUR hat das ganze damals gekostet. Hätte, hätte, Fahrradkette…
Fürst Löwenstein
Das Weingut hat in den letzten Jahren gerade in der Spitze nicht immer eine gleichbleibende Qualität abgeliefert. Der 2021er Fürstlicher Kallmuth Silvaner GG „Asphodill“ hat aber alles was ein Silvaner GG braucht. Beim Asphodill gibt es zusätzlich auch immer noch die schöne Aromatik des einzigartigen Homburger Kallmuth dazu. Sehr schön!
Zehnthof Luckert
Muss ich tatsächlich noch etwas darüber schreiben?
Gezeigt wurden unter anderem:
2023er Sulzfelder Silvaner
2023er Sulzfelder Silvaner Alte Reben
2022er Sulzfelder Berg Silvaner 1G
2022er Sulzfelder Maustal Silvaner GG
Der elegante, moderne Stil begeistert uns immer wieder. Die 23er Ortsweine rangieren qualitativ nicht weit unter dem 22er Sulzfelder Berg, der ein bisschen feiner und zurückhaltender scheint als sein nicht gezeigter Bruder „Gelbkalk“ aus dem Sonnenberg. Der Sulzfelder Berg wurde bis vor 2 Jahren exklusiv für einen Händler abgefüllt und befindet sich seitdem im regulären Weingutsportfolio. Das GG ist sicher einer der größten auf der Messe probierten Weine.
Rudolf May
Die Weine von Rudolf und Benedikt May waren über die gesamte Kollektion hinweg ähnlich begeisternd wie die von Zehnthof Luckert.
Gezeigt wurden unter anderem:
2023er Retzstadter Silvaner
2022er Retzstadter Langenberg Silvaner 1G
2022er Retzstadter Langenberg Der Schäfer Silvaner 1G
2022er Retzstadter Langenberg Himmelspfad Silvaner GG
Der Abstand vom 23er Ortswein zum 22er 1G war etwas größer als bei Luckerts, natürlich ergibt sich trotzdem eine wunderbare Qualitätspyramide. Die 2022er hatten wir auf der Jahrgangspräsentation letztes Jahr teilweise als Fassprobe schon vor Ort in Retzstadt verkostet. Schön zu sehen ist, wie gut sich der Himmelspfad entwickelt hat, der sein großes Potential letztes Jahr noch nicht zeigen wollte.
Alle Weine haben ordentlich Grip, sind elegant, trocken und komplex. Der Schäfer ist Mays Holzfassversion des Silvaners. Der Schäfer ist in den letzten Jahren auch immer feiner geworden, das Holz ist schon zu Beginn besser eingebunden, auch wenn auch dem 2022er die zusätzlichen Monate nach der letzten Jahrgangspräsentation ebenfalls gutgetan haben. Sehr schön.
Holz gab es dann auch beim 2022er „Kniebrecher“ Silvaner zu schmecken. Da es sich bei dem Wein um eine Lagencuvee aus Himmelspfad und Rothlauf handelt, läuft er außerhalb der VDP-Klassifikation. Die besten Moste aus den beiden Weinbergen werden für den Wein in zwei Barriques ausgebaut und kommen durch die lange Fassreife noch ein Jahr später auf den Markt als die GG. So war der Wein im aktuellen „Sneak Preview“ auch einfach blutjung, aber eben auch enorm tief und sicher mit dem Potential ausgestattet ein großer Wein zu werden. Sehr spannend!
Schmitt’s Kinder
Das Randersackerer Weingut fliegt immer ein bisschen unter dem Radar, liefert aber jedes Jahr zuverlässig sehr gute Weine.
Die 23er ersten Lagen liefern ziemlich ab. Der 2023er Randersackerer Marsberg Silvaner 1G ist dabei würziger und mineralischer und liegt damit etwas vor dem braveren 2023er Randersackerer Sonnenstuhl Silvaner 1G. Der Abstand vom Marsberg zum ebenfalls sehr schönen, komplexen aber relativ warmen 2022er Randersackerer Pfülben Silvaner GG ist ziemlich klein.
Horst Sauer
Der 2023 Escherndorfer Fürstenberg Blauer Silvaner 1G zeigt die für die Silvanerspielart mit den grau bis violetten Beeren typische kräutrig erdige Würze und Rotbeerigkeit und scheint mir ein bisschen straffer zu sein als der gleiche Wein im Vorjahr.
Paul Weltner
Paul Weltner hatte unter anderem den 2023er Rödelseer Küchenmeister Silvaner 1G und den 2023er Iphöfer Julius-Echter-Berg Silvaner 1G angestellt. Wie jedes Jahr sind das kleine GGs. Beeindruckende Qualitätskonstanz!
Antrinktipps Spätburgunder (Franken, Pfalz, Rheinhessen und Baden)
Franken
Rudolf Fürst
Die gezeigten Ortsweine und das erste Gewächs aus dem Bürgstadter Berg machen wieder deutlich, warum Rudolf Fürst zu den besten Spätburgunderwinzern im Lande zählt.
Bei den Ortsweinen ist der 2022er Bürgstadter Spätburgunder der „bravste“, der 2022er Klingenberger Spätburgunder dank der typischen Klingenberger Würze der mit der spannensten Aromatik. Da Fürsts USP die ausgewogene Erhabenheit der Weine ist, empfehlen wir aus dem Ortsweintrio klar den 2022er Großheubacher Spätburgunder, der etwas eleganter ist als der Klingenberger, aber mit der feinen Würze zeigt, dass der Großheubacher Bischofsberg die Verlängerung des Klingenberger Schlossbergs darstellt. Dabei ist der Großheubacher neu im Portfolio und ist in den letzten Jahren mit im Spätburgunder Tradition gelandet.
Pfalz
Friedrich Becker
Wovor Friedrich Becker keine Angst hat ist Tannin, das steht völlig außer Frage und zeigt sich sowohl bei den weißen Burgundersorten als auch beim Spätburgunder. In diesem Fall sollte man sich davon nicht abschrecken lassen, denn die Weine reifen in der Regel wunderbar und das Tannin wird weicher und bindet sich ein. Schon der Gutswein, der 2019er Friedrich Becker Spätburgunder zeigt gut, wo die Reise hingeht. Natürlich ist das ein Gutswein für Freaks und nicht für Freunde des beiläufigen Weinchens. Und auch den Gutswein sollte man durch aus noch einige Jahre reifen lassen.
Der Abstand zwischen Ortswein und erster Lage ist gar nicht so groß, sodass wir zum probieren den 2019er Schweigener Pinot Noir empfehlen. Der 2019er Schweigener Sonnenberg Sankt Paul Pinot Noir GG und der 2019er Schweigener Sonnenberg „KB“ Pinot Noir GG sind Monumente – zu trinken in 10 Jahren.
A. Christmann
Tatsächlich hatten wir bisher noch wenig Gelegenheit die begehrten Spätburgunder nach der stärkeren Fokussierung durch die nächste Generation zu verkosten. Klar ein Fehler, denn das, was dort produziert wird ist durch die Bank weg großartig und gehört sicher zur deutschen Spitze.
Das fängt schon an beim aktuell etwas verschlossenen 2022er Spätburgunder Aus den Lagen und zeigt sich gut bei allen 3 ersten Gewächsen. 2022er Mußbacher Eselshaut Spätburgunder 1G, 2022er Königsbacher Ölberg Spätburgunder 1G und 2022er Gimmeldinger Biengarten 1G. Einen Favoriten zu wählen macht hier keinen Sinn, das ist alles extrem fein und elegant und wird mit etwas Reife viel Spaß machen.
Knipser
In meiner Weinbubble spielt das Weingut keine große Rolle, dabei ist Knipser sicher ein Pionier des modernen Qualitätsweins in der Nordpfalz. Stilistisch ist das Weingut halt sehr klassisch, die Weine sind aromatisch nicht besonders „aufregend“ aber durchaus von beeindruckender Qualität. Der 2019er Blauer Spätburgunder ist ein hervorragendes Exemplar eines Gutsweins. Frucht, Würze, Mineralität bilden eine harmonische Einheit. Kein intellektueller Wein, kein Freakwein, aber trotzdem qualitativ hochwertig.
Der 2019er Laumersheimer Kirschgarten Spätburgunder GG betont trotz Barriqueausbau in neuen und gebrauchten Barriques klar die fruchtige Seite mit Kirschen und roten Beeren, hat aber auch eine feine, feste Struktur mit weichem Tannin und viel Mineralität. Sehr elegant.
Philipp Kuhn
Philipp Kuhn hatte 2 Spätburgunder GG dabei. Darunter auch einen Kirschgarten. Der 2020er Laumersheimer Kirschgarten Pinot Noir GG hat ebenfalls eine wunderbare Frucht, ist aber etwas üppiger und dichter als die Version von Knipser. Der Holzeinsatz ist dabei aber sehr fein, auch im Vergleich zu anderen Weinen aus dem Hause Kuhn. Der 2019er Laumersheimer Steinbuckel Pinot Noir GG ist aromatisch anders. Etwas rauchiger und lauter. Er wird sicher etwas später als der Kirschgarten seinen Genusshöhepunkt erreichen.
Rings
Beeindruckend bei Rings ist schon die Qualität vom 2022er Spätburgunder Gutswein und 2022er Kallstadter Spätburgunder Ortswein. Das ist etwas, dass Rings jedes Jahr auszeichnet. Die ersten Lagen, der 2022er Leistadter Kalkofen Spätburgunder 1G und der 2022er Kallstadter Steinacker 1G gefallen uns besser als im kühlen 2021 davor. Der wärmere Jahrgang harmoniert aus unserer Sicht besser mit der kühlen Stilistik des Weinguts.
Baden
Bercher
Dass Marcus Hofschuster von Wein-Plus Bercher mit dem Titel Kollektion des Jahres ausgezeichnet hat verwundert nicht. Der 2019er Burkheimer Ortswein ist für schlanke 11,50 EUR eine echte Empfehlung für einen eleganten nicht komplizierten klassischen Spätburgunder mit Anspruch. Der 2019er Sasbacher Limburg Spätburgunder 1G ist natürlich tiefer und komplexer, ist aber ebenfalls eher kühl, mit feinem Termin und Saftigkeit.
Dr. Heger
Der Hegersche Spätburgunder Stil ist sicher nicht der kühlste in Baden. Die Weine haben alle Kraft, aber sind auch nie überbordend fett. Der 2020er Ihringer Spätburgunder zeigt schon viel Tiefe und Länge, auch der 2020er Ihringer Vorderer Winklerberg Spätburgunder GG und der 2020er Achkarrer Schlossberg Spätburgunder GG haben uns sehr gut gefallen.
Heitlinger
Bei Heitlinger wird es wieder kühler, beim 2020er Tiefenbacher Pinot Noir auch ätherisch und etwas wilder. Spaß macht der Wein mit seiner Komplexität und Salzigkeit dennoch.
Bernhard Huber
Der 2022er Malterdinger Spätburgunder und der 2022er Malterdinger Spätburgunder Alte Reben präsentierten sich schon offen und gewohnt fein.
Salwey
Was für die weißen Burgundersorten gilt, gilt auch für die Spätburgunder. Salweys kühler, ruhiger Stil ist ziemlich einzigartig. Uns gefällt das sehr gut. Gezeigt wurden 2021er Oberrotweiler Spätburgunder, 2020er Oberrotweiler Henkenberg Spätburgunder GG und 2020er Oberrotweiler Kirchberg Spätburgunder GG
Rheinhessen
Wenige Weingüter hatten Spätburgunder zur Verkostung mitgebracht.
J. Neus
Wie bei den Weißburgunder/Chardonnay bereits besprochen, scheint sich das neue Team einzuspielen. Der 2021er Ingelheimer Spätburgunder Alte Reben ist hier unser Antrinktipp. Die Großen Gewächse, der 2021 Ingelheimer Horn Spätburgunder GG und der 2021 Ingelheimer Pares Spätburgunder GG sind ebenfalls sehr schön, der Abstand in Sachen Komplexität und Länge zum Ortswein könnte allerdings noch etwas größer sein.
Was war sonst noch empfehlenswert:
Martin Schwarz – Sachsen: Wer etwas in die Finger bekommt, probieren! Das Weingut ist klein, die Flaschen begehrt. Das ist Sachsen next level, nicht erst seit der VDP-Aufnahme.
Schlör – Baden – Schwarzriesling: Im Champagner selbstverständlich, als Rotwein meist eher schwierig. Bei Schlör nicht. Der 2021er Reicholzheimer First Schwarzriesling „R“ 1G bietet extrem viel Wein fürs Geld. Das ist GG-Niveau. Der 2020er Reicholzheimer First „Fyerst 1476“ Schwarzriesling GG legt noch eine kleine Schippe drauf, ist aber noch verschlossen und braucht Zeit.
3 Antworten