VDP.Weinbörse in der Rheingoldhalle Mainz am 28. und 29. April 2019

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VDP.Weinbörse in der Rheingoldhalle Mainz am 28. und 29. April 2019 1Wir hatten letzte Woche die Möglichkeit die VDP.Weinbörse in Mainz zu besuchen. Im Kontext des Jahrgangs 2018, der in den Medien frühzeitig als Jahrhundertjahrgang hochgejubelt wurde, war das besonders spannend. Heiß, trocken und lang war der Sommer. Flächendeckend gesunde Trauben wurden eingebracht. Doch unter Weinfreunden weckt die Situation unangenehme Erinnerungen an den Jahrgang 2003, der ebenfalls gehypt wurde, sich aber qualitativ nicht als Spitzenjahrgang herausstellte.

Mengenmäßig ist 2018 in jedem Fall ein Spitzenjahrgang. Hierzu reicht ein Blick in die Statistik. 10,4 Mio. Hektoliter Wein wurden in Deutschland geerntet. Gegenüber dem insbesondere aufgrund von Spätfrösten schlechten Ertrag in 2017 ist das eine Steigerung von über 30%. Doch im führenden Deutschen Weinverband VDP kann die Menge nicht das alleinige Kriterium sein, als Qualitätsführer muss man sich an eben dieser messen lassen.

 

Entscheidend in 2018 – der passende Lesezeitpunkt

Auf der VDP.Weinbörse haben wir eine ganze Reihe Weinmacher dazu befragt, was notwendig war, um in 2018 auch qualitativ hochwertige Weine zu produzieren. Die Winzer waren sich einig: Der Lesezeitpunkt war im trockenen und warmen Jahr 2018 entscheidend.

Auf der einen Seite geht es dabei darum, früh genug zu ernten, um den Zuckergehalt in den Trauben nicht zu hoch ansteigen zu lassen und um Säure im Wein zu erhalten. Ein hoher Zuckergehalt führt zwangsläufig bei trockenen Weinen zu einem hohen Alkoholgehalt. Und z.B. ein Riesling, der 14 oder 15 % Alkohol enthält, schnell sättigend ist und süßlich bis brandig wirkt ist sicher nicht das, was der Kunde heute verlangt Zusätzlich nimmt die Säure mit zunehmender Reife in der Traube ab, was in trockenen Jahren noch schneller kritisch sein kann, weil hier die Ausgangssäure häufig nicht so hoch ist. Daher ist eine rechtzeitige Lese unabdingbar.

Auf der anderen Seite kann die Lese aber auch nicht beliebig nach vorn geschoben werden, da die Trauben gleichzeitig auch wirklich reif sein sollten und nicht „grün“ geerntet werden dürfen, um das Aromenpotential zu nutzen und „grüne“ und bittere Geschmacksnoten zu vermeiden. Eine echte Zwickmühle für den Winzer also. Zudem die Säure wohl in einigen Fällen am Ende dann trotz gut gewähltem Lesezeitpunkt nicht ausgereicht hat und eine zusätzliche Säuerung vorgenommen wurde.

Auf der VDP.Weinbörse hatten wir erstmals die Gelegenheit eine ganze Reihe 2018er Weine zu verkosten. Ja, die Säurewerte sind meist etwas niedriger als in den Vorjahren. Und ja, bei einigen Betrieben erscheinen die Weine deutlich breiter als in den Vorjahren. Insgesamt bleibt aber festzuhalten, dass viele Winzer, deren Weine wir verkostet haben, mit den Bedingungen gut umgehen konnten und hervorragende Weine vorgestellt haben. Ob aufgesäuert oder nicht – das war nicht heraus zu schmecken.

Wie immer konnten wir nur einen kleinen Teil der präsentierten Weine verkosten. Und wir immer der Disclaimer: Erst vor kurzem abgefüllte Weine sind häufig noch etwas durcheinander und etwas „quietschig“ in der Aromatik, Fassproben dagegen ggf. noch sehr von Hefe geprägt und damit mit einem leichten „Geschmacksschleier“ versehen. Ob mir immer gelungen ist, darunter liegende Schätze zu erkennen, wird sich erst später zeigen.

 

Mosel (Riesling)

An der Mosel und insbesondere an der Saar sind die Auswirkungen des heißen Jahres noch am wenigsten zu spüren. Zwar ist die Säure durchschnittlich etwas geringer ausgefallen aber die Feinheit und Frische der Weine blieb im Großen und Ganzen erhalten. Die Weine sind dennoch anders als im Vorjahr. 2017 waren viele Weine äußerst extraktreich, dicht und quasi zum Kauen. Geschuldet wird dies häufig den geringen Erträgen aufgrund von Frühlingsfrösten in diesem Jahr gewesen sein. Dafür waren die 2017er deutlich verschlossener. Die 2018er präsentieren sich da anders. Viel offener und etwas fruchtbetonter.

 

Top-Kollektionen:

Fritz Haag, Brauneberg

Ich liebe die ruhige, klare Stilistik von Oliver Haag sowieso sehr. Der eher kraftvolle aber fruchtbetonte Jahrgang passt hier bestens zum Stil des Hauses. Die Kollektion steht da wie aus einem Guss.

Auf der trockenen Seite ist der 2018er Brauneberger Riesling „J“ extrem gut gelungen, die restsüßen Weine sind alle hervorragend. Neu ist, dass der bisher als Ortswein vermarktete Kabinett nun zu einem Lagenwein – Brauneberger Juffer Kabinett geworden ist, hervorragend war er letztes Jahr und ist er auch dieses. Absolut großartig ist die balancierte, frische 2018er Brauneberger Juffer Sonnenuhr Riesling Spätlese mit einer perfekten Frucht.

 

Forstmeister Geltz-Zilliken, Saarburg

Bei Zillikens ist der Jahrgangsunterschied zwischen 2017 und 2018 besonders aufgefallen. Die verspielte dichte Würze und Mineralität, die den 2017er Jahrgang besonders machte, war in 2018 nicht so zu schmecken. Aber in diesem Punkt war 2017 eher die Ausnahme. Insofern treten 2018 wieder die altbewährten Stärken der kühlen Saar in den Vordergrund. Eleganz, feinste Frucht, vibrierende Säure. Alles perfekt quasi.

„Antrinktipps“ sind auf der trockenen Seite der 2018er Saarburger Riesling „Alte Reben“, auf der fruchtigen die feine 2018er Saarburger Rausch Riesling Auslese.

 

Von Hövel, Oberemmel

Auch hier ist 2018 eine Top-Kollektion entstanden. Ich finde, dass insbesondere die Differenzierung zwischen den im Scharzhofberg gewachsenen, eher würzigen Weinen und den etwas fruchtigeren Weinen aus der Oberemmeler Hütte immer besser gelingt – ob‘s an Max von Kunows Ausbau liegt oder an meiner steigenden Erfahrung kann ich nicht abschließend beurteilen. Geschmacklich erinnern uns die Weine ein bisschen an den Jahrgang 2015.

Tipps hier: 2018er Saar Riesling trocken (Top PGV!) sowie der 2018er Scharzhofberger Riesling Kabinett und die feine 2018er Scharzhofberger Riesling Auslese.

 

Von Othegraven, Kanzem

Kabialarm!! Es ist jedes Jahr einfach beeindruckend, wie Kellermeister Andreas Barth, die einzelnen Lagenkabis herausarbeitet. Der 2018er Ockfener Bockstein Riesling Kabinett wie immer der würzige, der 2018er Wawerner Herrenberg Riesling Kabinett der kräutrige und der 2018er Kanzemer Altenberg Riesling Kabinett der strahlend fruchtige, als Versteigerungsversion noch einen Tack mehr auf den Punkt. Aber auch die Spätlesen aus dem Altenberg sind großartig gelungen (Standard, Versteigerung und „Alte Reben“). Trockene Weine standen nicht zur Verkostung.

 

Ebenfalls wieder mit ganz feinen Kollektionen am Start: Maximin Grünhaus und Peter Lauer (mit für seine Stilistik erstaunlich offenen fruchtigen 2018er Weinen)

 

Wer immer noch Zweifel hat, dass 2018 an Mosel und Saar genug Säure und Frische aufweist, sollte im Zweifel zum extrem straighten, feinen, kühl mineralischen 2018er Winninger Röttgen Riesling Kabinett von Knebel greifen – und der kommt ganz sicher nicht aus der kühlsten Lage des Anbaugebiets!

 

Nahe (Riesling)

An der Nahe ist die Lage etwas durchwachsener als an der Mosel. Hier und da sind die Weine doch deutlich kraftvoller und breiter als im Vorjahr. Dennoch wurden auch hier hervorragende Kollektionen vorgestellt. Meine Favoriten:

 

Joh. Bapt. Schäfer, Rümmelsheim

Für mich eine der Überraschungen am letzten Wochenende. Die Kollektion ist großartig gelungen. Alle Weine mit toller Säure und extrem straight und saftig. Zu probieren ist auf jeden Fall der 2018er Burg Layer Schlossberg Riesling trocken, der stoffig, dicht und salzig aber dennoch straight und saftig daherkommt, sowie der 2018er Dorsheimer Goldloch Riesling Kabinett (Versteigerungswein) mit wunderbarer Frucht und schöner Länge und die steinig, salzige, extrem schlanke 2018er Dorsheimer Pittermännchen Riesling Spätlese mit feinster Frucht.

 

H. Dönnhoff, Oberhausen

Am Stand von Dönnhoff entschuldigte man sich direkt schon proaktiv dafür, dass die Weine jahrgangsbedingt etwas fetter ausfallen als gewohnt. Aber Pustekuchen: Alles ist gut, geschmacklich minimal weniger Säure, aber dennoch tiptop und kräutrig wie eh und je. Zu verkosten: 2018er Kreuznacher Kahlenberg Riesling trocken und die überragende 2018er Niederhausener Hermannshöhle Riesling Spätlese.

 

Franken

Warme Jahre sind in Franken Rieslingjahre. Das ist ganz sicher auch 2018 so, auch wenn ich nicht bei allzu vielen Weingütern Rieslinge probiert habe.

Beim fränkischen Flaggschiff Silvaner ist die Lage in 2018 aber durchaus durchwachsen – ebenfalls wie so häufig in warmen Jahren. Für mich macht Feinheit und Eleganz einen Großteil des Reizes beim Silvaner aus. Zusätzlich ist aber auch zu sagen, dass hier die oben aufgestellte Regel der größeren Zugänglichkeit und Offenheit der Weine nicht überall zutreffen will. Gute Kollektionen habe ich trotzdem gesehen:

 

Paul Weltner, Rödelsee

Ich liebe es, wenn man einen Wein schon an der Nase erkennt. Beim 2018er Rödelseer Küchenmeister Silvaner trocken ist das so. Die feine rote Frucht! Dazu wunderbar mineralisch und frisch. Auf gleichem Niveau auch der 2018er Iphöfer Julius-Echter-Berg Silvaner trocken. Sehr schön auch die 2018er Rödelseer Schwanleite Scheurebe trocken, mit fein mineralischem und nicht aufdringlichen Scheurebearoma.

 

Hans Wirsching, Iphofen

Im Hause Wirsching sieht die Silvanerwelt 2018 ebenfalls recht gut aus. Wahrscheinlich liegt es auch daran, dass der Stil des Hauses jedes Jahr eher auf feine Ausgewogenheit als auf straighte Konsequenz ausgerichtet ist. Auch 2018 ist das gut gelungen. Kein Wein ist überladen, alle fein ausbalanciert. Zu probieren ist unbedingt der schöne 2018er Iphöfer Kalb Silvaner trocken und der 2018er Iphöfer Kronsberg Silvaner trocken. Etwas kraftvoller als im Vorjahr, aber dennoch fein und unaufdringlich die 2018er Iphöfer Kronsberg Scheurebe „Alte Reben“. Beim Riesling strahlt der kraftvolle 2018er Iphöfer Julius-Echter-Berg Riesling trocken. Da bin ich sehr auf das GG in zwei Jahren gespannt!

 

Rudolf May

Rudolf May hat die Situation aus meiner Sicht besonders gut gemeistert. Vom Ortswein an sind fokussierte und feine Weine entstanden. Die vorgestellten Weine gefallen mir sogar einen Tack besser als im Vorjahr. Sowohl der 2018er Retzstadter Silvaner trocken, der 2018er Retzstadter Langenberg Silvaner trocken, als auch der 2018er Retzstadter „Der Schäfer“ Silvaner trocken aus dem Holzfass sind echte Empfehlungen.

 

Empfehlungen in anderen Anbaugebieten

 

Kaufmann, Hattenheim, Rheingau

Für den Rheingau hatte ich leider nicht viel Zeit in diesem Jahr. Von den wenigen Gütern, die ich verkosten konnte, stach Kaufmann klar heraus. In sich ruhende Weine, mit schöner Säure und Würze. Der 2018er Hattenheimer Riesling trocken ist eigentlich eine erste Lage im Ortsweingewand. Der 2018er Tell Riesling trocken ist eine Cuvée aus den besten Lagen Hattenheims, ist ausgeglichen, hat eine schöne Frucht und Würze und eine strahlende Säure.

 

St. Antony, Nierstein, Rheinhessen

Seit Mitte 2018 ist Dirk Würtz von Balthasar Ress zu St. Antony gewechselt. Er ist dort Geschäftsführer und mit Sebastian Strub auch für den Keller verantwortlich. Bei Ress hatte Dirk eine klare Vorstellung von Stilistik. Die Weine entwickelten sich von Jahr zu Jahr und trugen eine klare Handschrift. Es müsste also mit dem Teufel zugehen, wenn er am anderen Rheinufer keinen klaren Fußabdruck hinterlassen würde. Bereits im März hatte ich die Gelegenheit Fassproben der GG aus 2018 zu kosten. Die waren gut – und Würtz war drin zu schmecken! Die in Mainz gezeigten Weine bestätigten dies schon angefangen beim 2018er Rotschiefer Riesling trocken. Mein Liebling war die 2018er 1920 Riesling Lagencuvée trocken. Ich bin sehr gespannt auf die nächsten Jahre.

 

J. Neus, Ingelheim, Rheinhessen

Jedes Jahr probiere ich gern die Weine von J. Neus. Jedes Jahr legen sie ein Quäntchen zu. Die kühlen, fokussierten und eleganten Spätburgunder sind mittlerweile auf höchstem Niveau. Best Buy ist sicher der 2016er Ingelheimer Spätburgunder „Alte Reben“ trocken. Weiß waren die vorgestellten Chardonnays weit vorn. Der 2017er Ingelheimer Chardonnay „R“ trocken kühl, mineralisch und tief, der 2018er Ingelheimer Chardonnay trocken dafür offener und etwas runder als der „R“ aus dem Vorjahr.

 

Zum Schluss noch zwei Empfehlungen aus der selten zu findenden Kategorie große Silvaner außerhalb Frankens:

Der 2018er Dorn Dürkheimer Silvaner „Alte Reben“ von Gutzler ist wieder einer der wenigen großen rheinhessischen Silvaner. Mit Jahrgang 2017 hatte ich den Wein erst entdeckt. 2018 scheint noch ein wenig fordernder und kühler zu sein. Das macht viel Spaß.

Der 2017er „Pferd Willi“ Silvaner trocken von Heger aus Baden ist schon etwas dichter, sehr mineralisch und lang, aber niemals breit oder verwaschen. Den Namen hat der Wein übrigens von dem Kaltblüterpferd, dass bei der Weinbergsbearbeitung unterstützte.

 

Vielen Dank an den VDP und die teilnehmenden Weingüter für den tollen Einblick in den neuen Jahrgang!

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