Das Churfranken-Genussfestival in Miltenberg 2022

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Beeindruckend - Der Lechnerwirt
Beeindruckend – Der Lechnerwirt

Nach langer Coronapause fand dieses Jahr das Churfranken-Genussfestival an diesem Wochenende endlich wieder statt. Die Region zwischen Aschaffenburg und Bürgstadt stellt hier nicht nur ihre Weine vor, sondern allerlei genussvolle Produkte aus verschiedenen Manufakturen von Bier bis Käse und von Whiskey bis Wild. So kann dort sicher jeder genussaffine Besucher neue Eindrücke gewinnen und neue Produkte entdecken.

Dieses Jahr hatten die Veranstalter sich eine beeindruckende Location ausgewählt. Das nigelnagelneue massive Festzelt des Lechnerwirts am Miltenberger Mainufer, in dem in den Wochen zuvor die Miltenberger Michaelismesse gefeiert wurde.

Wie immer haben wir uns auf die Weine der Region konzentriert.

Auch in Miltenberg: Die Fromagerie Geiss - ein Maßstab in Sachen Käse in Rhein-Main
Auch in Miltenberg: Die Fromagerie Geiss – ein Maßstab in Sachen Käse in Rhein-Main

Leider war im Vergleich zu 2018 erneut eine geringere Teilnahmequote der Winzer zu verzeichnen. So war zum Beispiel aus dem großen Weinbauort Großheubach nur ein Winzer anwesend, genauso wie zum Beispiel aus Großostheim. Auch die Bürgstädter Winzer hatten gemessen an ihrer Anzahl nur einen kleinen Stand und präsentierten sich mit einem Spätburgunder pro Weingut.

Sicher lag die geringe Beteiligung auch am Termin – schließlich hat die Weinlese auch in Churfranken bereits begonnen. Schade finde ich es trotzdem, war die Veranstaltung doch immer eine gute Möglichkeit, die Weinregion in ihrer gesamten Breite zu entdecken.

Wie in den vergangenen Jahren findet ihr für uns bemerkenswerte Weine nach Weinorten sortiert:

 

Bürgstadt

Wie oben bereits geschrieben, präsentierten sich immerhin 10 Bürgstadter Winzer mit jeweils einem Spätburgunder an einem Gemeinschaftsstand. Einerseits schade, da ich Bürgstädter Weine sehr mag und gern mehr als einen Wein pro Weingut verkostet hätte. Auf der anderen Seite war diese Bestandsaufnahme durchaus spannend, um einen Überblick über die unterschiedlichen Spätburgunderstile im Ort zu bekommen. Die Weine kamen aus unterschiedlichen Jahrgängen von 2017 bis 2020. Bei der Verkostung wurde schnell klar, dass hier zwar ganz unterschiedliche Stile die Weine prägen, die Qualität insgesamt aber ziemlich hoch ist, insbesondere wenn man sie in den Kontext der jeweiligen Preise setzt. Gerade an den günstigeren Weinen lässt sich ablesen, dass die Winzer immer auf Sortentypizität setzen und die Feinheit des Spätburgunders in den Vordergrund stellen. Fehlerhafte, zu fette oder marmeladige Varianten waren jedenfalls nicht zu verkosten.

Das Churfranken-Genussfestival in Miltenberg 2022 3

Am Ende der Verkostung standen 4 Weine auf unserem Zettel, die wir gern hervorheben wollen:

 

2020er Bürgstadter Berg Spätburgunder Erste Lage / Weingut Rudolf Fürst

Es ist immer wieder eine Wonne einen Spätburgunder von Fürst zu verkosten. In Deutschland gibt es nur wenige Winzer, die derartig feine, in sich ruhende und komplexe Weine aus der Rebsorte produzieren können. Mit wunderbarer klarer Kirschfrucht und einer komplexen Würze und schönen Länge zählt er sicher zu den Top Spätburgundern des Landes. Natürlich zeigt sich das auch im Preis des Weins. Schön, das Rudolf Fürst hier einen Wein beigesteuert hat, das andere Flagschiffweingut der Region – Steintal aus Klingenberg hat die Veranstaltung ausgelassen.

 

2017er Bürgstadter Berg Spätburgunder / Weingut Josef Walter

Vergleicht man die Weine von Christoph Walter mit denen von Rudolf Fürst fällt die unterschiedliche Stilistik immer direkt auf. Fürst steht für ruhige, elegante Weine mit strahlender Frucht, deren komplexe Aromenvielfalt sich ebenso ruhig und eher langsam dem Trinker erschließt. Walters Weine dagegen sind auf den ersten Schluck etwas lauter, stets auf einer klar würzigen Seite, fordernder, ebenfalls immer komplex aber nicht ganz so elegant wie die Weine von Fürst. Der vorgestellte Wein ist ein Musterbeispiel für den Stil des Hauses und kostet nur etwas mehr als die Hälfte des Weins von Fürst. Für mich „Der“ Premium Spätburgunder des Tages.

 

2018er Bürgstadter Centgrafenberg Spätburgunder / Weingut Neuberger

Wieder ein klarer stilistischer Wechsel zum Wein von Christoph Walter. Der Spätburgunder von Neuberger strahlt wieder viel Ruhe aus, die schöne Frucht wird bestens durch die Würze ergänzt. Frucht und Würze sind allerdings deutlich wärmer als die der Vorgänger. Quasi ein kleiner Fürst mit etwas mehr Kraft.

 

2018er Bürgstadter Berg Spätburgunder / Weingut Stich

Schon wieder ein Stilwechsel. Diesmal wird es wieder etwas schlanker und straffer, mit schöner kühler Frucht, Spannung im Mund, deutlicher Holzwürze und viel weichem Tannin. Hinsichtlich Länge und Komplexität kann er mit Fürst und Walter nicht ganz mithalten, ist aber dennoch eine echte Empfehlung.

Die Spätburgunder von Neuberger und Stich sind mit 15,00 EUR bzw. 12,80 EUR ganz klar die Preis-/Leistungssieger der Bürgstadter Verkostung. Man bekommt viel Wein fürs Geld. Hut ab.

 

Elsenfeld-Rück

Weinbau Weinfurtner

Der schnörkellose, würzige, schön trockene 2020er Rücker Schalk Silvaner Kabinett hat uns gut gefallen und uns daran erinnert, mal wieder im rechten Seitental des Mains einzukehren.

 

Erlenbach

Weingut A. Waigand

Verena Weigand präsentierte In Miltenberg 3 Weiß- und 3 Spätburgunder. Die Weine kommen aus dem Erlenbacher Hochberg, der die direkte nördliche Verlängerung der Steillage des Klingenberger Schlossbergs darstellt. Die Weißburgunder baut Verena als Essenbegleiter aus. Die Weine haben stets viel Kraft und einen schönen und merklichen Holzeinsatz. Ihr Top-Wein der 2020er Erlenbacher Hochberg Weißburgunder „FR“ Spätlese Barrique aus der Parzelle Felsenröder ist aromatisch tief und cremig, wird aber noch ein oder zwei Jahre Flaschenreife brauchen, um sich zu finden und das Holz besser einzubinden. Dann ist der Wein aber zum Essen ganz sicher ein großes Vergnügen. Er steht auch noch nicht auf der aktuellen Preisliste des Weinguts.

Bei den Spätburgundern ließ sich gut die Entwicklung im Hause Waigand ablesen. Der 2016er Erlenbacher Hochberg Spätburgunder Barrique ist noch ziemlich fruchtig und kräftig, aber nicht sehr elegant und fein. Die 2019/2020er Erlenbacher Hochberg Spätburgunder Jahrgangscuvee steht in der Qualitätspyramide unter dem zuvor verkosteten 2016er ist deutlich straffer und saftiger und gefällt mir daher besser. Aber er kann durchaus noch etwas Flaschenreife vertragen.

Oben an der Spitze der hauseigenen Pyramide steht dann zurecht der 2018er Erlenbacher Hochberg Spätburgunder „FR“ Barrique, der klar auf der würzigen Seite steht und eine warme Kraft besitzt, aber nie überbordend wirkt. Der Holzeinsatz ist sehr schön gelungen.  Auch dieser Wein kann sicher noch reifen.

 

Weinbau Philip Bernard

Philip Bernards Weine waren meine Entdeckung auf dem Genussfestival 2018. Und seitdem hat sich einiges getan. Die 2018er Rotweine möchte ich hier hervorheben. Davon sind ein paar in meinen Keller gewandert.

Der 2018er Klingenberger Schlossberg Portugieser ist einer von ihnen. Die kühle Beerenfrucht, das feine Tannin und die schöne, leicht rauchige Holzunterstützung machen aus der Brot- und Buttersorte Portugieser einen schönen feinen Rotwein.

Der 2019er Klingenberger Schlossberg Spätburgunder ist vor allem noch viel zu jung und muss dringend noch reifen, auch um die leicht reduktive Note in der Nase noch etwas einzubinden. Auch hier fallen die kühle saftige Frucht und der schlanke Stil besonders auf. Ebenfalls hier wieder mit einer gekonnt eingesetzten Holzwürze gearbeitet. Der Wein damit noch ist etwas eleganter und tiefer als der Portugieser.

Der 2021er Klingenberger Silvaner wirkt ebenfalls noch etwas unfertig. Die knochentrocke Frucht hat sich mit der schönen Mineralität noch nicht ganz verbunden. Das wird aber, da bin ich sicher.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir von Philip Bernard in Churfranken noch einiges hören werden.

 

Großheubach

Weingut Kremer

Das Churfranken-Genussfestival in Miltenberg 2022 4Das Weingut Kremer hatte am Wochenende die größte Einzelkollektion am Start und ist sicher das Top-Weingut in Großheubach.

Die gesamte Kollektion hat mir sehr gut gefallen, im Bereich der Weißweine stachen die 2021er Weißburgunder jedoch besonders heraus. Der 2021er Großheubacher Bischofsberg Weißburgunder Kabinett ist mit seiner feinen zitronigen Frucht und den nussigen Noten ein wunderbarer Trinkwein. Vollkommen ohne Schwere, knochentrocken, frisch und fein. Der 2021er Großheubacher Bischofsberg Weißer Burgunder *** (Premiumlinie) setzt gegenüber dem „einfachen“ Kabinett noch ein ganzes Stück drauf. Der Holzeinsatz ist trotz seiner Jugend hervorragend gelungen und verleiht dem Wein ein schönes Gerüst. Der Wein ist schlank und focussiert. Zur kühlen trockenen, zitronigen Frucht kommen mehr nussige und mineralische, fast salzige Noten. Sehr schön und kann noch reifen – ist auf der aktuellen Preisliste der Kremers auch noch nicht vorhanden.

Bei den Rotweinen haben Kremers einen schönen Jahrgangsvergleich des Top Spätburgunders ermöglicht. Der 2014er Großheubacher Bischofsberg Pinot Noir Réserve wurde aus der Magnum gezeigt. Ich verfolge den Wein schon einige Jahr und habe auch ein paar Flaschen im Keller. Zu Beginn war der Wein aus dem schwierigen Jahr 2014 etwas ungestüm, für Kremer ungewohnt schlank, fast filigran und klar vom Holz bestimmt. Mittlerweile ist daraus eine ziemlich runde Sache geworden. Zwar sind die röstigen und holzwürzigen Noten weiter präsent, verdecken aber die Frucht und die anderen tabakig würzigen Noten nicht mehr. Meinen Flaschen werde ich dennoch ein oder zwei Jahre weitere Reife gönnen.

Der 2018er Großheubacher Bischofsberg Pinot Noir Réserve ist dagegen wieder deutlich kraftvoller und zeigt mit seiner schönen, saftigen und klaren Frucht und der rauchig erdigen Würze schon jetzt schön, wie gut der Spätburgunderjahrgang 2018 in Franken war.

Auch für die Freunde kräftiger Rotweine jenseits vom Spätburgunder ist das Weingut Kremer für mich der ideale Anlaufpunkt in der Region. Gezeigt wurde gestern der 2018er Großheubacher Bischofsberg Cabernet Dorsa aber auch den St. Laurent und insbesondere die „R“Othello Rotweincuvee kann ich jedem Rotweinfreund empfehlen.

 

Großwallstadt

Weingut Giegerich

Die aktuelle Kollektion von Giegerichs hatte ich bereits anlässlich der Jahrgangspräsentation im Frühjahr verkostet. Unter der Verantwortung der Brüder Kilian und Philipp Giegerich bildet sich in den letzten Jahren immer mehr ein klarer Stil heraus. Die Weine werden feiner, der Holzeinsatz subtiler, besonders in der Spitze legen die Weine in Sachen Finesse und Komplexität zu. Absolut verdient auch die Auszeichnung Entdeckung des Jahres 2021 vom Weinmagazin Wein Plus.

Unter den Weinen, die am Wochenende in Miltenberg gezeigt wurden, gefiel mir der kraftvolle und knochentrockene 2020er Großwallstadter Silvaner „Alte Reben“ und der ruhige, elegante 2020er Großwallstadter Pitztaler Berg Spätburgunder am besten.

 

Klingenberg

Weingut Bastian Hamdorf

Der beste gezeigte Klingenberger Wein war der 2018er Klingenberger Schlossberg Spätburgunder von Bastian Hamdorf. Ein Wein, der die einzigartige Mineralität des Klingenberger Schlossbergs auf beste Weise zeigt. Der kühle Stil mit der saftigen Frucht lässt viel Platz für die kräutrig mineralischen Schlossbergnoten. Wunderbar und unter den Top 3 der gesamten Verkostung.

Bei den Weißweinen kam 2018 dem Stil der Hamdorfschen Weine nicht unbedingt entgegen. Mehr Kraft und etwas weniger Feinheit zeichnen die Weine aus. Der 2018er Sylvaner gefiel mir trotzdem sehr gut. Die etwas süßliche, gelbe Frucht wird durch nussige und hefige Noten sowie etwas Mineralität gut ergänzt.

 

Bioweinbau Anja Stritzinger

Anja Stritzinger neben einem schönen knackig saftigen 2021 Klingenberger Schlossberg Johanniter unter anderem eine halbtrockene 2020er Klingenberger Schlossberg Gewürztraminer Spätlese dabei. Klar scheiden sich bei der Rebsorte die Geister. Bei der Geschmacksrichtung „halbtrocken“ ebenfalls. Häufig ist der rosig blumige Duft der Sorte so intensiv, das es schwer fällt andere Aromen wahrzunehmen. Bei diesem Wein ist alles ausgewogen. Ja, es gibt die floralen Gewürztraminernoten, aber eben gezähmt, dazu eine schöne gelbe Frucht und eine schöne Würze. Als Solist aufgrund der Sortentypisch niedrigen Säure vielleicht schwierig, zur Käseplatte aber sicher eine Wonne.

 

Last, but not Least – Die besten Schoppen der Show

Das Churfranken-Genussfestival in Miltenberg 2022 5Churfranken ist ein Land der Häckerwirtschaften. Fast jedes Weingut läd einige Wochen im Jahr zu deftigen Speisen und eigenen Weinen in ihre Höfe ein. Gefragt sind da nicht immer die „besten“ Weine, sondern Weine die Spaß machen, die zu deftigen Speisen passen, die Zunge lockern und sofort Lust auf ein weiteres Glas machen. Unkomplizierte, aber nicht belanglose Weine eben.

Das sind unsere diesjährigen Häckerschoppen-Empfehlungen:

 

2021er Rosé / Weingut Wolfgang Kühn, Klingenberg 9,00 EUR

Wer ein halbsüßes Potpurri aus Erdbeeren und Himbeeren sucht, ist beim Rosé aus der Sorte Regent von Wolfgang Kühn an der falschen Adresse. Der Wein hat eine wunderbare Farbe, ist ziemlich trocken und frisch, hat eine klare Frucht und etwas Mineralität. Ich hätte sofort ein Fläschchen mit auf die Mainwiese nehmen können.

 

2021er Großheubacher Bischofsberg Muskateller / Weingut Kremer, Großheubach 8,20 EUR

Auch hier ist Langeweile passé, keine süße fette Frucht, kein klebriger Gaumen. Frische Säure und eine zurückhaltende Muskatellerfrucht zeichnen den Wein aus. Das trinkt sich ohne Widerstand und die Aromatik ist dennoch stark genug, um auch deftige Gerichte zu begleiten.

 

2021er Silvaner / Weingut Giegerich, Großwallstadt 9,30 EUR

Ein trockener, frischer, durchaus körperreicher und würziger Silvaner mit zurückhaltender Frucht und gewisser Finesse. Vielleicht kein ganz spritziger Sommerwein, aber in der kühleren Jahreszeit ein Wein der viel Spaß macht.

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