Zwei Orange-Weine und vegetarische Lasagne

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Am Wochenende gab es vegetarische Linsen-Kürbis-Lasagne. Hierbei werden nicht Béchamel- und Hackfleischsoße zwischen Pastaplatten geschichtet, sondern geraspelter Kürbis mit Honig und Sahne abwechselnd mit einer Belugalinsenfüllung mit Wurzelgemüse – mit Balsamico abgeschmeckt. Das Ganze wird mit reichlich Bergkäse überbacken.

Das Gericht wird durch Käse und Sahne gehaltvoll und schmeckt mit Balsamico und Honig leicht süßlich. Der Käse gibt ein bisschen Wohlfühlumami dazu. Viel lecker eben. Und eine kleine Herausforderung für einen passenden Wein.

Der Gesuchte braucht etwas Kraft und Aroma, sollte aber auch nicht zu schwer sein, schwer ist das Gericht ja selbst schon.

Zwei Orange-Weine und vegetarische Lasagne Die Lasagne
Der Delinquent – natürlich mit hausgemachter Pasta

 

Zuerst dachte ich an einen leichteren Rotwein. Mein Keller würde Spätburgunder hergeben. Ein sehr hochwertiger wäre ein bisschen zu viel des Guten, die breiten, fettigen Aromen der Lasagne würden die feinen Spätburgunderaromen überdecken. Ein nicht zu fetter Basis-Spätburgunder wäre eine Lösung gewesen, aber irgendwie grad nicht im Keller. Gleiches gilt für einen guten Portugieser. Auch da eher Fehlanzeige. Sangiovese oder Blaufränkisch wäre noch da gewesen. Da war ich mir bezgl. Frucht und Säure nicht so sicher, ob das gut harmonieren würde.

Also dann doch Richtung weiß. Riesling trocken mit knackiger Säure hatte ich direkt ausgeschlossen, da Frucht und Säure den Gaumen immer wieder aus der warmen, süßlich umamigen Schlotzigkeit reißen würden. Die Geheimwaffe Riesling reif und restsüß wiederum hätte das Potential den Esser noch mehr einzulullen, das ganze noch süßer und schwerer werden zu lassen. Fiel also auch raus.

Kurz dachte ich dann an etwas Weißes mit spürbarem Holzeinsatz. Weißburgunder zum Beispiel oder Silvaner. Schön trocken auf jeden Fall und nicht zu üppig. Das wäre definitiv was gewesen, aber meine Bestände eher gering.

Also: Leichter Rotwein oder Weißwein mit etwas Tannin – da ist dann eine weitere Weinkategorie recht naheliegend: Orange Wein, also auf der Maische vergorener Weißwein, der damit wie Rotwein gemacht wird.

Restzucker ist da in der Regel nicht oder nicht viel drin, zu opulent sind diese Weine auch nicht und sie besitzen ein schönes Tanningerüst, sodass sie in der Schlotzigkeit der Lasagne nicht untergehen.

Im gleichen Regal lagen dann tatsächlich gleich zwei Kandidaten direkt nebeneinander. Da sie viele Gemeinsamkeiten aufwiesen und ich unentschlossen war, nahm ich beide mit. Ein kleiner Vergleich mit und ohne Lasagne kann ja nicht schaden.

 

Zwei Länder, viele Gemeinsamkeiten

Erstaunlich, wie viele Gemeinsamkeiten doch zwischen dem 2018er Orange von Martin Schwarz und dem 2017er Muscat Freyheit vom Weingut Heinrich bestehen.

Beide kommen aus dem Osten ihrer Weinbauländer. Im Burgenland setzt man selbstbewusst einen See, durch den man aufgrund der geringen Tiefe waten kann, quasi mit einem Meer gleich, in Sachsen (wiederaufgebauten) Dresdner Barock mit weltstädtischem Flair.

Beide Weine sind Cuveés, die auf der Maische vergoren wurden. Beide stellen eine Aromarebsorte in den Vordergrund und ergänzen diese durch Burgunderrebsorten. Beide Weine wurden nach der Maischegärung und Pressung im Holzfass ausgebaut (die aktuellen Jahrgänge bei Heinrich in der Amphore).

Und beide passten zur Lasagne. Ein paar Unterschiede gab es dann aber doch:

2017er Muscat Freyheit, Weingut Heinrich, Burgenland, Österreich

Cuveé aus Muskat Ottonel (70%), sowie Weißburgunder und Chardonnay.

Intensiv würzige, eher kühle Nase mit Lorbeer, Piment und floralen Noten. Dazu eine deutlich süßliche Frucht mit Grapefruit und Pfirsich.

Im Mund straight, kühl, mit viel feinem Tannin und grünholzigen Noten. Wieder sehr würzig mit Lorbeer, Thymian und Piment. Dazu florale Noten und wieder eine deutlich süßliche Frucht mit Aprikose und roter Grapefruit, obwohl der Wein absolut trocken ist. Recht geringe Säure, die aber aufgrund der kühlen Tannine nicht höher sein muss. Deutliches Gerbstoffbitterl am Gaumen. Mittellanger, guter Abgang, die Würze bleibt im Mund.

Die Apfelmost-Noten zu Beginn verfliegen mit Luft schnell. Der Wein wurde mit viel Trub unfiltriert und ungeschwefelt abgefüllt. Auf der Flasche wird empfohlen, den Trub vor Genuss aufzuschütteln. Das Weingut bezeichnet den Wein als Natural.

Das ist gekonnt gemacht, alles passt zusammen und es ist kein ganz abgefahrener Vertreter der Kategorie Orange- bzw. Naturwein. Kein Wunder: Heinrich ist seit 2006 biodynamischer Produzent und entsprechend erfahren mit minimalinvasivem Arbeiten und maischevergorenen Weißweinen.

2018er Orange, Martin Schwarz, Sachsen

Cuveé aus Traminer und Grauburgunder

Normalerweise erwähne ich die Farbe eines Weins nicht. Beim Orange von Martin Schwarz jedoch könnte sich es beim Blick ins Glas auch um einen kräftigen Rosé handeln, so eindeutig rötlich ist die Farbe des Weins. Aber klar, Grauburgunder und auch Traminer haben eher rötliche Schalten, aus denen bei Maischegärung viel Farbstoff extrahiert wird.

Würzige, deutlich pfeffrige Nase mit grünholzigen und rauchigen Noten. Dazu florale Nuancen.

Im Mund kühl, wieder enorm würzig und pfeffrig, feines Tannin, eher feine Säure, wieder florale Noten, etwas karamellige Süße und trotzdem ziemlich trocken und fruchtbefreit. Ein Wein mit viel Volumen, der aber nicht fett ist.

Mittellanger, guter Abgang, die Würze bleibt im Mund.

Der Wein ist Martin Schwarz erster Orange-Wein. Nicht nur aus diesem Umstand ist der Wein sehr gut gelungen. Im Unterschied zu Heinrich trägt der Wein nicht das Etikett natural, aber natürlich arbeitet Martin Schwarz auch schonend und handwerklich. Ich gehe jedoch davon aus, dass der Wein hier etwas Schwefel bei der Abfüllung gesehen hat.

Und nun – wo sind die Unterschiede?

Es ist erstaunlich, wie nah sich beide Weine auch im Rahmen der Verkostung sind. Ein wesentlicher Grund ist sicher die Machart „Orange-Wein“. Durch die Maischegärung kommt die Tanninstruktur dazu, die immer ein bisschen die feinen Aromen überdeckt. Aus diesem Grund finde ich es übrigens auch schwerer bei Rotweinen feine Aromen- und Qualitätsunterschiede festzustellen, als bei Weißweinen.

Hauptunterschied ist sicher die Fruchtkomponente, die Heinrich aus dem Muskat Ottonel herauskitzelt. Die daraus entstehende Süße ist etwas feiner und harmonischer, als die vom Orange von Martin Schwarz, die dort durch den höheren Alkohol – 13,5% vs. 11,5% – geprägt scheint. Dafür sorgen die höhere Traubenreife und der Alkohol beim Wein von Martin Schwarz für ein schönes Volumen und eine gewisse Erhabenheit, während der Heinrich karger und drahtiger daherkommt.

Im Punktereigen hat der Wein von Heinrich minimal die Nase vorn. Vielleicht auch aufgrund des kompromissloseren Ausbaus, ist er aromatisch einfach einen Hauch komplexer. Mehr als 1 oder 2 Punkte Vorsprung sehe ich aber nicht.

Und zur Lasagne?

Beide passten wunderbar. Am Ende ist es eine Geschmacksfrage, ob der Schwarz mit seinem etwas kraftvolleren aber in sich ruhenden Auftritt die Nase vorn hat und das Gericht klar begleitet oder der Heinrich, der als drahtigerer, etwas vibrierender Charakter einen kleinen Kontrapunkt zur Lasagne-Schlotzigkeit setzen soll.

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