Das Weingut Odinstal wurde 2021 in den VDP aufgenommen. Das war insofern eine überraschende Nachricht, als dass Odinstal bisher keine VDP-typische Hierarchie bei seinen Weinen pflegt (Gutswein, Ortswein, Lagenwein) und sich auch stilistisch wohl von den meisten VDP-Betrieben unterscheidet. Das Weingut arbeitet biodynamisch (Demeter) und legt Wert auf die sehr naturbelassene Verarbeitung der Trauben. Hierzu gehören bei Odinstal neben minimalem Schwefeleinsatz und minimaler Filtration auch die malolaktische Gärung bei Weißweinen und einen gewissen Maischekontakt.
Persönlich finde ich es gut, dass VDP und Weingut hier den Mut bewiesen haben, einen gemeinsamen Weg zu beschreiten, damit künftig im Spitzenverband moderne Weinstile vielleicht etwas in den Vordergrund gebracht werden.
Odinstal wurde durch die Familie Hensel vor gut 20 Jahren von null aufgebaut. Auf bis zu 350m ü/NN auf den ersten Höhen des Pfälzer Waldes hat Betriebsleiter Andreas Schumann auf etwas mehr als 6ha als geologische Besonderheit vier verschiedene Bodenarten zur Verfügung: Basalt, Buntsandstein, Muschelkalk, Keuper. Die Höhe und die Bodenvielfalt auf kleinstem Raum machen das kleine Weingut aus meiner Sicht sehr spannend.
Den Muschelkalk hatte ich im letzten Sommer in einem Laden in der Pfalz gekauft, um anlässlich der Aufnahme in den VDP mal einen Wein von Odinstal ausführlich zu verkosten. Der Besuch von Andreas Schumann im Weinpodcast Terroir und Adiletten hat mich verleitet, den Wein endlich aus dem Keller zu holen.
Der Wein:
Der erste Schluck war dann schon sehr unerwartet. Das ist doch lieblich! Das war nicht meine Erwartungshaltung. Ich dachte eher an einen sehr trockenen Wein mit schönem Gerbstoff und wenig Schwefel. Der Blick auf die Flasche ergab keinen Hinweis auf die liebliche Besonderheit. Im Laden damals kann ich mich auch nicht daran erinnern. Erste Googleleien auf Händlerwebseiten ergaben auch entweder keine Hinweise oder wiesen den Wein sogar als trocken aus. Ich war mir sicher, dass das so nicht sein kann. Eine weitere Händlerwebsite klärte mich dann auf. Die spontane Gärung ohne Hefezusatz hat bei 26g Restzucker ihre Arbeit eingestellt.
Das passiert gelegentlich, führt bei einem Winzer, der bewusst wenig in den Weinproduktionsprozess eingreifen will, aber in ein Dilemma. Die in diesem Fall bestehenden Handlungsmöglichkeiten bedeuten immer eine Intervention:
- Versuchen die Gärung z.B. durch Wärmezufuhr wieder in Gang zu bekommen.
- Reinzuchthefe dazugeben, sodass die Gärung durch die robusten Hefen wieder startet.
- Etwas stärker filtrieren und mit etwas mehr Schwefel lieblich abfüllen, denn ohne diese Maßnahmen würde bei entsprechendem Restzucker immer die Gefahr bestehen, dass der Wein dann doch in der Flasche wieder anfängt unkontrolliert zu gären.
Odinstal hat sich hier für Variante 3 entschieden, der Wein ist also lieblich aber komplex und individuell.
In der Nase eine kandierte, fast karamellisierte gelbe Frucht mit einer dunklen Würze und deutliche steiniger Mineralität.
Im Mund weich, dicht und kraftvoll, fast ölig. Intensive, süße, gelbe Frucht, Kandiszucker, tiefe dunkle Würze, etwas reduktives verbranntes Gummi (verliert sich mit Luft immer mehr), grüner Tee, Gewürznelke, Kräuter. Sicher kein geringer Säurewert, der aber durch Zucker und malolaktische Gärung milder wirkt. Minimales Gerbstoffbitterl am Gaumen.
Recht langer aber deutlich süßer Abgang mit Kandiszucker.
Fazit:
Wie gesagt, das ist unbestritten ein komplexer und individueller Wein. Allerdings mit einem großen ABER: Hätte ich geahnt, dass der Wein lieblich ist (ein Hinweis auf der Flasche wäre sinnvoll gewesen), hätte ich ihn noch 5-8 Jahre liegen gelassen und dann ähnlich wie die wenigen hochwertigen und kraftvollen halbtrockenen Moselspätlesen wie z.B. Zillikens Diabas zu einem Fleischgericht als Essensbegleiter serviert. Der Süßeeindruck hätte dann durch die Reife etwas abgenommen und die Kraft und Komplexität hätten ein kräftiges Schmorgericht oder Fleisch mit Röstnoten hervorragend begleitet. Gestern solo getrunken war alles etwas viel. Zu viel Süße und Kraft, trotz niedrigen 11,5% Alkohol. Ich muss unbedingt noch einen trockenen Odinstal verkosten.
ca. 35,00 EUR / PGV angemessen (als Essensbegleiter in ein paar Jahren)
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