Warum so ein alter trockener Weißwein? Bin ich bekloppt, hab ich zuviel Geld? Schmeckt bestimmt fürchterlich!
Genau wie der ca. 1998 mit Freunden im Rahmen einer Weinprobe bei einem Winzer am Mittelrhein verkostete gereifte Wein?
Ich weiß es noch als wäre es gestern gewesen. Nach einer fröhlichen Weinprobe baten wir den Winzer doch mal was Älteres aus dem Keller zu holen. Erst zierte er sich, dann holte er aber ein Fläschchen für uns junge Leute. Es wurde eingegossen, angestoßen – es stellte sich eine feierliche Ruhe ein, als wir probierten. Und plötzlich mitten aus der andächtigen Stille brach es aus einem von uns heraus: “Der schmeckt ja wie mein Opa riecht.” Wir lachten heftig und ausgiebig – der Wein war keine Freude.
Aufgrund der fortgeschrittenen Fröhlichkeit ist mir jedoch nicht mehr in Erinnerung, mit welcher Mimik der sehr nette Winzer dem Spiel bewohnte.
Warum nun jetzt schon wieder so ein Zeug? Ganz einfach: der Klimek hat’s in der Wineparty empfohlen.
Innerlich hatte ich mich schon darauf eingestellt, mir eine Jack Wolfskin Jacke zulegen zu müssen, um noch besser Herrn Klimeks Feindbild zu entsprechen. Damit es ihm umso leichter fiele äußerst entrüstet zu antworten, wenn ich seinen Artikel kommentierte mit “Geh fort mit solchem Zeug, der schmeckt ja wie mein Opa roch.”
Aber schade, das wird nichts. Der Wein hat die lange Zeit gut überdauert und trinkt sich erstaunlich gut.
In der Nase: Orangenschale, Honig, Grapefruit, etwas Leder und überraschend wenig Petroleum.
Im Mund dann wenig Frucht, aber noch genug Säure, dazu jede Menge Mineralität. Das ganze sehr harmonisch und rund aber nicht mehr so druckvoll wie man es bei einer jüngeren Spätlese erwarten würde. Langer Abgang.
Kein Wein für jeden Tag, aber einer der gerne geleert wird und der meine Meinung zu “alten” trockenen Weißweinen revidiert.
Ca. 20 EUR / PGV günstig
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