Letzten Samstag hatte ich die Gelegenheit an einer kleinen Probe in Frankfurt in privatem Rahmen unter Weinfreunden teilzunehmen. Thema war die Rebsorte Chenin Blanc. Für mich bis auf zufällige Begegnungen spannendes Neuland. Chenin Blanc ist eine alte Rebsorte und eine Kreuzung zwischen Traminer und einem unbekannten Partner. Heimisch ist Chenin Blanc an der Loire. Insgesamt sind noch etwa 9.800ha Rebfläche in Frankreich mit der Rebsorte bestockt. Tendenz rückläufig. Weltweit die größte Anbaufläche liegt in Südafrika, wo die Rebsorte bereits 1655 eingeführt wurde.
11 Chenin Blanc standen auf der Verkostungsliste. Ein guter Teil davon Weine mit minimaler Einflussnahme durch den Winzer. Spannend war auf jeden Fall festzustellen, wie klar die Rebsortencharakteristik in den allermeisten Fällen herauszuschmecken war. Vielleicht ist das der Einfluss des Traminers, eine ähnlich klare, wenn auch etwas andere Aromatik über seine Würze bringt.
1. Thomas Batardière, Loire – La Croix Hardie (PetNat) 2017
Ein feiner Vertreter seines Genres: Fein würzige Nase, Beerenfrüchte dominieren. Im Mund nussig, würzig, mit Zitronenschale und einer ganz zarten und schönen Bitterkeit am Daumen. Dazu absolut trocken.
2. Arnaud Lambert, Loire – Saumur blanc Clos de Midi 2019
Intensiv rauchige, mineralische Nase mit Birnen und gemüsigen Noten.
Im Mund sehr dicht, mit einer kräftigen Zitrussäure, im Hintergrund Würze. Guter Zug aber unwahrscheinlich intensiv und dennoch straff und schnörkellos und zunächst schwer zu trinken. Konnte erst durch Zeit und Temperatur an Feinheit und Kontur gewinnen und wirkt erst dann harmonisch. Vermutlich war es nicht der beste Starter und ich tu dem Wein etwas unrecht.
3. Arnauld Lambert, Loire – Saumur blanc Les Perrières 2018
Feine, würzige Nase mit etwas Schießpulver und roten Beeren. Im Mund dicht aber fein, viel kalkige Mineralität. Zitrusfrüchte und Birne, ein wenig Extraktsüße, erdige Noten und feine Gerbstoffe am Gaumen. Langer Abgang.
Ein toller Wein. Solo und als Essensbegleiter. Harmonisch, kraftvoll aber nicht fett.
4. Benoit Courault, Loire – Gilbourg 2018
In der Nase rauchig, angegorener, roter Apfel, Kräuter. Nicht ganz einfach! Im Mund dann aber deutlich schöner: Dicht und sehr kräutrig, Apfel, Birne und rote Beeren. Feine Extraktsüße und leicht gemüsige Nuancen. Leichtes Gerbstoffbitterl am Gaumen.
Der Wein bleibt nicht einfach, bietet aber viel Spannung. Vielleicht hätte etwas mehr Luft gut getan.
5. Château de Breuil, Loire – Savennières 2018
Süßliche tabakige Noten in der Nase, dazu Vanille und etwas Rauch.
Im Mund fein und elegant. Kalkige Mineralität, Birne, etwas getoastetes Holz, viel Kräuter. Recht feine Säure (der Wein hat teilweise eine malolaktische Gärung hinter sich gebracht). Klarer Abgang.
Ein kraftvoller Wein. Solo vielleicht einen Tack zu schwer, als Essensbegleiter auf jeden Fall eine Empfehlung.
6. Fabien Jouve, Cahors – Les Pièces Longues 2018
In der Nase Zitruszesten, Pfirsich und Birne. Dazu etwas Bienenwachs. Im Mund sehr würzig, mit floralen Noten, etwas Vanille und Kandis, schöne Säure, kaum Frucht.
Ein eigenständiger Wein, der den Traminer als Elternteil nicht verleugnen kann. Hat mir gut gefallen.
7. Romain Guiberteau, Loire – Saumur Blanc 2018
Gedeckte, eindimensionale und kühle Nase.
Im Mund kühl, leicht, feine Zitrusfrucht, Minze. Mittellang.
Ein Wein der den Verkoster ratlos zurück lässt. Im aktuellen Zustand ein frischer Zechwein.
8. Markus Schneider, Stellenbosch, Südafrika – De Cutter 2018
Der Pirat der Runde. Ein Projektwein von Markus Schneider zusammen mit Kaapzicht. Enttarnt wurde er sofort, da er der „sauberste“ und fruchtbetonteste Wein der Probe war:
Offene Zitrusnase mit feiner Würze und etwas Rauch. Im Mund ebenfalls würzig mit leicht süßlicher Zitrusfrucht, Kräuter, etwas getoastetes Holz. Im guten Abgang auch minimal süßlich.
Durchaus ein polarisierender Wein, der aber ebenfalls mit Luft an Feinheit gewann. Stilistisch ist er natürlich nicht so komplex wie die meisten heute verkosteten französischen Brüder. Dennoch hat er mit etwas Flaschenreife noch gutes Potential.
9. Sébastien Bobinet, Loire – Saumur Blanc Les Gruches 2017
In der Nase hefig, mit Zimt, Butter und etwas Apfel (wo bleibt der Kuchen?). Im Mund ebenfalls cremig und hefig, überreifer Apfel, Kräuter. Im Abgang leicht bitter und alkoholisch.
Eine ziemlich wilde naturweinige Angelegenheit. War nicht mein Fall.
10. Agnès & René Mosse, Loire – Le Rouchefer 2015
In der Nase etwas oxidativ, wieder Hefe, Apfel und etwas grünes Holz. Im Mund süßer Apfel und Beerenfrüchte, rauchig, kühle Würze mit schöner Säure aber auch eine zarte Süße. Etwas Hefe. Elegant und fein. Recht langer Abgang.
Bei aller Wildheit ein schöner und lebendiger Wein. Einer meiner Favoriten.
11. Fabien Jouve, Cahors – Orange Voilée 2018
Zum Abschluss einen komplett maischevergorenen Orangewein.
In der Nase wahnsinnig viel Anis, dazu Kräuter, etwas grünes Holz und eine Spur Gummi. Im Mund auch wieder viel Anis, Kräuter, Orange, rote Beeren. Dunkle Würze. Am Gaumen sorgt ein feines Gerbstoffgerüst für Spannung und leichtes Antrocknen. Recht langer, klarer Abgang.
Ein gekonnter Orange mit einer Rebsorte, die für die Machart gut geeignet scheint.
Fazit:
Eine spannende Probe und ein großartiger Einblick in die Rebsorte. Vielen Dank an die Organisatoren! Wir hatten viele sehr lebendige und komplexe Weine. Die Rebsorte ist vielschichtig. Dennoch eint alle Weine der Probe die feine, etwas süßliche, warme Würze der Rebsorte. Dadurch wirken die Weine auch oft etwas opulenter als sie sind. Fast immer sind sie zusammen mit der dennoch guten Säure gute Essensbegleiter. Als Solo-Abendbegleitung, wenn es um feinen Trinkfluss geht, wird die Auswahl für mich aber schwieriger. Der Alleskönner in der Runde und mein Favorit war der Saumur blanc Les Perrières 2018 von Arnauld Lambert.
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