Den Titel “Die Entdeckung des Jahres 2019” bekam Carsten Saalwächter von der Weinhandlung K&M Gutsweine in Frankfurt verliehen. Mitinhaber und ausgewiesener Silvanerfreund Armin Busch bezeichnete den Silvaner von Carsten Saalwächter gar als ersten Silvaner außerhalb Frankens, der ihn zu 100% überzeugte. Insofern waren da ganz schön viele Vorschusslorbeeren im Spiel als ich die Vorstellungsverkostung mit dem Winzer gestern in Frankfurt besuchte.
Mit Carsten Saalwächter übernimmt die jüngste Generation ein Stück Verantwortung in dem seit 1893 bestehende Ingelheimer Weingut, das mir bis dato völlig unbekannt war. Carsten hat in Top-Weingütern Deutschlands gelernt sowie Praxiserfahrungen gesammelt und konnte auch ein Jahr im Burgund arbeiten. Mit den gewonnenen Erfahrungen kelterte er 2017 erstmals eine eigene kleine Kollektion von Weinen, die sich sicher nicht nur im Etikett, sondern auch in Ausbau und Stilistik deutlich von den Weinen der älteren Generation unterscheiden.
Für Carstens Weine gilt: Im Weinberg wird ohne Herbizide gearbeitet. Eine Bio-Umstellung ist in Vorbereitung. Die Weine werden mit einer alten Spindelpresse schonend gepresst, lagern im Holz, werden nur wenig geschwefelt und unfiltriert abgefüllt.
Gestern hat er drei Weine vorgestellt:
Der 2017er Silvaner “Alte Rebe” aus etwa 46 Jahre alten Stöcken markiert den Einstieg. Den Wein kannte ich schon. Ich konnte nicht bis zur Präsentation warten und hatte bereits vorher eine Flasche gekauft, um sie in Ruhe zu hause über zwei Tage zu verkosten (Luft ist unbedingt empfehlenswert!) – insofern kann ich hier eine ausführliche Verkostungsnotiz bieten:
Der Wein zeigt eine gewürzige Nase nach Lorbeer, Muskat, Zimt und Rosmarin. Etwas kandierte Orange und Birne.
Im Mund ist er sehr fein und wieder sehr würzig mit einer zunächst steinigen Mineralität. Die Frucht geht in Richtung gelbem Apfel und etwas Waldmeister. Erst aus dem Hintergrund kommt eine schöne und lebhafte Säure. Wieder Lorbeer und Rosmarin. Im mittellangen Abgang dann würzig und cremig.
Am zweiten Tag zeigt der Wein sich dann noch etwas offener und gleichzeitig präziser. In der Nase etwas fruchtbetonter als zuvor und im Mund etwas weicher mit eher kalkiger als steiniger Mineralität. Durch das etwas dichter gewordene Gerüst wirkt der knochentrockene Wein dann noch ein wenig präziser.
Sehr gut! Ein Wein gradliniger Wein mit schöner Komplexität, der aber gleichzeitig nicht kompliziert wirkt.
Der ebenfalls präsentierte 2017er Weißburgunder war noch eine Fassprobe, die noch einige Wochen reifen soll, bevor sie abgefüllt wird. Der Wein war klar der verspielteste von den Dreien. Insbesondere die eher ausdrucksstarke, gar nicht mal so weißburgunder-typische Frucht gefiel mir sehr. Auch wenn er nicht ganz so kompromisslos wie die anderen beiden Weine erscheint, zeigt er eine schöne Tiefe. Als Menübegleiter ist er sicher eine tolle Wahl und muss in der fertigen Version unbedingt in meinen Keller.
An der Spitze gestern dann der 2017er Chardonnay. Hier wurden keine Kompromisse gemacht. Das Vorbild ist klar: Frankreich. Schlank, straff aber auch nicht zu karg ist der Wein. Verschlossen ebenfalls. Auch ein Wein, der viel Zeit und Luft braucht. Die Nase klart erst nach intensivem Glasschwenken richtig auf. Die Säure ist ist straff aber gut integriert. Der Holzeinsatz vorbildlich. Ganz feiner Schmelz am Gaumen. Das ist ein Chardonnay, wie er mir in Deutschland bisher selten begegnet ist. Ich bin mir sehr sicher, dass das gut reifen wird. Nur liegen sollte er noch einige Zeit.
Mich haben die präzise Stilistik und die tolle komplexe Aromatik der Weine sehr begeistert und bin mir sicher, dass wir von Carsten Saalwächter noch einiges gutes zu hören und zu trinken bekommen werden.
Bald werden es auf jeden Fall noch noch rheinhessische Frühburgunder und Spätburgunder aus Assmannshausen/Rheingau sein. Ich bin mir sicher, dass das nicht minder spannend wird!
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