Valdonica, Toskana, Italien – Ballarino Maremma Toscana DOC trocken 2012
An sich habe ich einen guten Überblick über meinen Weinkeller. Aber manchmal nützt auch das nichts, manche Flaschen scheinen einfach ihren Platz nicht verlassen zu wollen.
Besonders gefährlich ist die Kombination zwischen Respekt und Angst. Beide Phasen gehen dabei direkt ineinander über. Zuerst bleibt der Wein aus Respekt liegen, weil er eine besondere Bedeutung hat. Mit zunehmendem Alter wird dann Respekt durch Angst abgelöst, denn wer weiß, ob er nicht schon zu lange liegt und nicht mehr so gut schmeckt, wie es sich für einen besonderen Wein gehört.
Genau das ist bei diesem Wein von Valdonica passiert. Gekauft hatten wir ihn 2016 bei unserem Lieblingsweinhändler in Frankfurt (K&M Gutsweine), als wir auf der Hausmesse das erste Mal mit Weinen des Weinguts in Berührung kamen. Wir kauften diesen Wein und ein paar Rotweine, obwohl Italien sicher kein Trinkschwerpunkt von uns war. Da er vom Weinführer Decanter mit 98 Punkten bewertet wurde, beschlossen wir, ihm noch etwas Reife zu gönnen.
In der Zwischenzeit lernten wir das Weingut und Inhaber Martin Kerres näher kennen und beschlossen 2018 dort unseren Sommerurlaub zu verbringen.
Martin Kerres war in den 2000er Jahren eigentlich auf der Suche nach einem Ferienhaus und fand dies auch im verschlafenen Ort Sassofortino in der Maremma. Mit dem Haus kaufte er Land und verliebte sich in den einzigartigen Platz. So wurde aus dem Krankenhausmanager ein Weingutsbesitzer. Und aus dem Ferienhaus der neue Wohnsitz. Und ja, der Ort ist magisch. Alles ist mit viel Liebe gestaltet, die Lage und die Ausblicke sind einzigartig, die Weine hervorragend. Ein Ort, den man am liebsten nicht mehr verlassen möchte.
Der Flasche im Keller tat soviel positive Energie gar nicht gut. Zu Decanter-Punkten kamen nun auch noch tolle Erinnerungen an liebe Menschen und einen großartigen Ort. Sie blieb also im Keller.
In den letzten 2-3 Jahren mischte sich dann die Angst mit den schönen Erinnerungen an Valdonica. Die Angst, dass der Wein ggf. über dem Zenit sein könnte. Vermentino ist aus meiner Sicht ja auch nicht unbedingt als Rebsorte für besonders langlebige trockene Weißweine bekannt.
Vor kurzem habe ich mich nun aber durchgerungen, die Flasche zu öffnen:
Süßliche, intensiv kräutrige Nase mit grünem Apfel, Haselnuss, Herbstlaub. Der Duft nach Rosinen lässt auf das Alter des Weins schließen.
Im Mund dicht und viskos, kalkige Mineralität im Vordergrund, etwas Kandis, getrocknete Kräuter, moderate Säure, Tabak, hefige Noten, ganz wenig Apfel. Die Rosinen aus der Nase werden durch Kräuter und Mineralität überdeckt, sodass der Wein im Mund noch deutlich frischer als in der Nase ist. Insgesamt sehr vielschichtig
Schöner, langer Abgang. Die Mineralität bleibt.
Damals ca. 16,90 EUR/PGV Schnäppchen
Alle Angst war mit dem ersten Schluck verflogen. Natürlich ist der Wein kein junger Wein mehr, aber er ist eben auch noch nicht alt. Er hat weniger Frucht als in der Jugend, dafür stehen heute die Kräuter mehr im Vordergrund. Kraft, Dichte und Komplexität hatte der Wein schon immer, da hat sich nichts geändert.
Da träumt man sich zurück nach Valdonica. Vielleicht nicht an den Pool auf dem Foto oben, sondern zum Aperitivo auf die Terrasse (hier war ein anderer Jahrgang Ballarino im Glas). Heute sind die damals dort auf dem Weinberg vor der Terrasse frisch gepflanzten Reben groß geworden und damit der Ausblick grüner. Das sollten wir mal wieder vor Ort überprüfen.
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