Reichsfreiherr von Ritter zu Groenesteyn, Rheingau – Kiedricher Gräfenberg Riesling Spätlese fruchtig 1976

Veröffentlicht in: Meine Weinfavoriten, Verkostung | 1

Vor über 40 Jahren wurden die Trauben für diesen Wein geerntet. Damit ist der Wein älter als ich. Auch das Weingut gibt es nicht mehr. 1995 gaben die Ritter zu Groenesteyn den Weinbau in den Kiedricher und Rüdesheimer Lagen auf und verkauften oder verpachteten die Weinberge. Die 1990er waren wohl eher keine goldenen Jahre im Rheingau. Aber besser ein rechtzeitiger Rückzug als ein zu später und schrecklicher, wie bei Graf Matuschka-Greiffenclau von Schloss Vollrads nur zwei Jahre später.

Noch heute sieht man hin und wieder in den sozialen Netzwerken die eine oder andere mit sehr positiven Kommentaren versehene Flasche der Groenesteyns. Es wurden wohl Langläufer produziert in Eltville. Und es muss wohl hier und da noch Bestände geben.

Bisher hielt ich mich zurück in dieser Altersklasse. Wahrscheinlich aus Angst vor schlechten Flaschen, Sherrynoten und Kork. Horrorszenarien quasi und dass, obwohl ich den einen oder anderen Wein zwischen 1949 und 1990 auswärts bereits mit Genuss gekostet habe. Die Kombination aus den guten Onlinebewertungen der Groenesteyn-Weine und einem aus meiner Sicht hervorragenden Preis, hat mich letztendlich dann aber doch zum Kauf von 4 sehr gereiften Flaschen verführt. Heute ist die erste dran:

Die erste Überraschung gleich beim Öffnen: Der Korken hält und lässt sich problemlos aus der Flasche ziehen.

Im Glas funkelt der Wein goldgelb. Kein braun. Sieht gut aus.

In der Nase Honig, Blüten, Gewürze, überreifer Pfirsich und Mango. Gelber Apfel. Frische Kräuter. Reif aber frisch, keinesfalls zu alt. Kein Sherry.

Das setzt sich im Mund einwandfrei fort. Es dominiert die frische Säure über die alterungsbedingten Honignoten. Grüner Apfel, Pfirsich mit einer Prise Salz. Bunte frische Kräuter. Die Aromen stehen fest zusammen, einfach wunderbar. Nur noch wenig Süße. Im Hintergrund ganz wenig Tabak, feuchtes, grünes Holz und erdige Nuancen, die zusammen mit dem Honig die einzigen Alterungstöne darstellen. Auch Petroleum ist nicht zu finden. Langer, schöner und trocken frischer Abgang.

Das macht Gänsehaut. Ich bin dankbar, den Wein getrunken haben zu dürfen.

Ohne die übliche Angabe eines PGV  – es handelt sich um eine Rarität, hier sollte jeder Genießer selbst entscheiden, wie viel ihm ein solcher Wein wert ist.

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